Datenschützer warnen vor den geheimen Tricks von Schnüfflern im Internet und an Supermarktkassen.
Wenn Frau Müller den Supermarkt betritt, kennen dessen Betreiber bereits ihre Geheimnisse: dass die Kundin sich Gedanken über ihr Alter macht, ein bisschen viel Süßes isst und sich einen Traumprinzen wünscht. Das verrät sie beim Bezahlen über ihre Kundenkarte, aus der die Datenbank des Supermarktes speichert: Anti-Falten-Creme, Schokoriegel, historische Liebesromane. Auch hatte der Supermarkt heimlich einen Chip in die Karten eingebaut, der wie ein Spion Daten sendete und so die Identifizierung der Person möglich machte. „10000 Kundinnen und Kunden liefen mit einer verwanzten Karte herum, ohne es zu wissen“, sagt Rena Tangens von der Datenschützerinitiative Foebud. Der Verein zur Förderung des öffentlich bewegten und unbewegten Datenverkehrs deckte den Einsatz dieses „RFID“-Chips auf und organisierte so lange Proteste, bis das Unternehmen die Karten zurückzog.
Um solche Entwicklungen öffentlich zu machen, vergibt Foebud einmal im Jahr in Bielefeld den Negativpreis „BigBrotherAwards“. Wenn am Freitag wieder „Datenkraken“ ausgezeichnet werden, feiern die Veranstalter zugleich die zehnte Vergabe. 2000 wurden die „Preise“ erstmals vergeben.
„Das Problem der Digitalisierung ist, dass wir auf Schritt und Tritt eine Datenspur hinterlassen“, erklärt Tangens. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Foebud in Bielefeld. Der Name des Preises ist George Orwells Horrorszenario „1984“ entlehnt, mit dem der britische Schriftsteller vor einem totalitären Überwachungsstaat warnte.
Einzelne Datenspeicherungen an der Supermarktkasse oder im Internet wirken auf den ersten Blick harmlos. Werden die unterschiedlichen Daten jedoch zusammengefügt, kann ein genaues Profil entstehen, sagt Tangens. Mit „Payback“-Karten sollen laut Werbung die Kunden Spaß haben, Punkte sammeln und Geld sparen. Die damit verbundene Preisgabe von Daten diene jedoch einzig dazu, personalisierte Daten zum Kaufverhalten von Tausenden Verbrauchern zu gewinnen und diese dann kommerziell zu nutzen, warnen die Datenschützer.
Holger Spierig
Sächsische Zeitung, Dresden, 15. Oktober 2009
Original: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2288836