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Funkchips durchleuchten Kunden

Die Bonner Gesellschaft für Informatik sorgt sich um den Einsatz von Funketiketten: Wissenschaftler fordern verbindliche Richtlinien für die neue Technik - und warnen vor großen Datenschutzrisiken

Die Bonner Gesellschaft für Informatik warnt vor Überwachungsmöglichkeiten durch den Einsatz von Funketiketten.

Der 1969 in Bonn gegründete gemeinnützige Verein zur Förderung der Informatik ist zusammen mit der Fraunhofer Gesellschaft Trägerin des Bundeswettbewerbs Informatik und Mehrheitsgesellschafter der Deutschen Informatik-Akademie. Nach Einschätzung der Gesellschaft birgt die Technik, mit der zukünftig die Strichcodes auf Produkten abgelöst werden sollen, erhebliche Datenschutzrisiken. Bedenken haben die Wissenschaftler gegen bestimmte Anwendungen, die mit den Transpondern möglich wären. Die sogenannten RFID (Radio Frequency IDentification)-Chips geben Produkten weltweit eine einmalige Kennung, die es ermöglicht, dass ein entsprechendes Lesegerät in Sekundenschnelle 200 dieser Etiketten aus einer Entfernung von bis zu 50 Metern auslesen kann. In Nordrhein-Westfalen wird die Technik seit längerer Zeit im "Future Store" des Metro-Konzerns in Rheinberg erprobt.

Der Traum der Warenlogistiker sorgt für Alpträume bei Datenschutzaktivisten. Die Größe der Chips, die weniger als 0,5 Quadratmillimeter messen, macht eine Erkennung an Produkten für Kunden fast unmöglich. Daher fordern die Informatiker die Einhaltung bestimmter Regelungen beim Einsatz der RFID-Chips. Dazu gehört die Forderung nach einem Anspruch des Käufers auf Entfernung, Deaktivierung oder Zerstörung der Chips durch den Verkäufer, ohne dass sich daraus negative Folgen für den Kunden ergeben dürften. Weiter fordern die Wissenschaftler ein gesetzliches Verbot, die Chips dazu zu nutzen, Verbraucher mit Hilfe der erworbenen Güter zu verfolgen. Auch dürften Funkchips generell nicht an Zahlungsmitteln wie Geldscheinen angebracht werden, fordert der Verein.

Die Landesbeauftragte für Datenschutz in Nordrhein-Westfalen, Bettina Sokol, unterstützt ebenfalls die Initiative zur Einsetzung einer Sachverständigenkommission, die Empfehlungen für den Gesetzgeber zur Nutzung der Technik erarbeiten soll. "Wir begrüßen diese Initiative", sagt Sokols Sprecherin Bettina Gayk. Der Datenschutz sei bisher jedoch noch nicht verletzt worden, betont sie. Denn die beispielsweise im Future Store benutzten Daten seien dem Konzern freiwillig überlassen worden. "Das Problem ist nur: Nicht jede Speicherung ist auf diesem Medium kontrollierbar."

Elmar Kok

taz NRW, 11. Juni 2004
Original: http://www.taz.de/pt/2004/06/11/a0075.nf/text

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