Funkchips und ein neuer Produktcode sollen künftig die Logistik und Einkaufswelt revolutionieren. Über diese Informationen lassen sich auch Bewegungsprofile der Kunden erstellen, die diese Waren gekauft haben.
RFID-Etiketten sind winzige Computerchips die, mit Miniaturantennen versehen, an Objekten (Paketen, Waren, etc.) angebracht werden können. Bei den am meisten beworbenen Anwendungen von RFIDs enthält der Mikrochip einen elektronischen Produktcode (Electronic Product Code, EPC), der aussagekräftig genug ist, jedes weltweit hergestellte Produkt eindeutig zu identifizieren. Wenn ein RFID-Lesegerät ein Funksignal abgibt, antworten in der Nähe befindliche Chips, indem sie die auf ihnen gespeicherten Daten an das Lesegerät übermitteln. Bei passiven (batterielosen) RFID-Etiketten kann die Leseentfernung von ca. einem Zentimeter bis ungefähr fünf oder zehn Meter variieren, während aktive, mit einer eigenen Energiequelle ausgerüstete Etiketten eine weit größere Leseentfernung ermöglichen können. Typischerweise werden die Daten an ein System von vernetzten Computern gesandt, die zum Beispiel im Management von Versorgungsketten oder bei der Inventarkontrolle eines Lagers eingesetzt werden.
Konkret bedeutet dies: jeder Joghurtbecher, jede Weinflasche, jeder Pullover hat eine eigene Nummer, die ohne Berührungs- oder Sichtkontakt ausgelesen werden kann. Mit dem Lesegerät vernetzt können direkt Informationen zu diesem speziellen Gegenstand aufgerufen werden, zum Beispiel der Preis, der Aufenthaltsort, etc.. Da auch Kunden-, Kredit- oder Payback-Karten zukünftig mit diesen kleinen Chips ausgerüstet werden, sind Kundinnen und Kunden damit eindeutig zu identifizieren. Das bietet völlig neue Möglichkeiten.
Mit diesen eindeutigen Nummern und der kontaktlosen Auslesbarkeit in Verbindung mit Kundenkarten und versteckt angebrachten Scannern können Bewegungsprofile der Kunden erstellt werden. Mit anderen Daten abgeglichen könnten immer lückenlosere Datensätze entstehen, sodass es immer schwieriger würde, sich in der Öffentlichkeit anonym zu bewegen.
Dazu der Landesdatenschutzbeauftragter Schleswig-Holstein, Dr. Bäumler: "RFID kann ein Horror-Thema werden, wenn die Kennzeichnung von Gegenständen benutzt wird, um Menschen auszuspionieren. Ich kann ja heute schon eine Verbindung zwischen Gegenstand und Person herstellen. Wenn ich diese Möglichkeit nutze, um die Wege von Menschen nachzuvollziehen, dann geht es uns bald nicht besser als den Rindviechern, die solche Chips bereits unter der Haut tragen und deren Wege man präzise nachvollziehen kann. Das sollte den Menschen eigentlich nicht passieren."
Deshalb fordern Daten- und Verbraucherschützer klare Einsatzbeschränkungen der RFID-Technik, die eine auf einzelne Menschen bezogene Datensammlung ausdrücklich ausschließt.
Trotz dieser Gefahren hat das computerbasierte Logistiksystem RFID schon ein Wettrennen zwischen den USA mit der Handelskette Walmart und Sun Microsystems als Technikpartner auf der einen, und Europa mit der deutschen Metro-Gruppe und dem traditionellen Partner IBM, sowie SAP an der Spitze auf der anderen Seite ausgelöst. Metro, das Mutterunternehmen von Praktiker Baumarkt, Real, Media Markt und Saturn, will noch in diesem Jahr, Walmart erst nächstes Jahr, seine Zulieferer mit der neuen Technik ausstatten. Mit Hilfe von IBM, Intel und der SAP will Metro einstweilen seine hundert Top-Zulieferer ab November ausgestattet sehen. Als RFID-Systemintegrator übernimmt IBM dabei die strategische Planung, die Beratung und Implementierung des gesamten Projektes. Die Java-basierte Middleware kommt von der Walldorfer SAP, die für sich verbucht, die erste Standardsoftware für solche Anwendungen geschrieben zu haben. Die gespeicherten Daten, so stellt sich SAP vor, sollen dann in die Supply Chain Management (SCM)- und Enterprise Resource Planning (ERP)-Lösungen eingebunden werden.
Verweise zu dieser Meldung:
Monitor-Bericht: Der Schnüffel-Chip: http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=554&sid=108 Bericht Heise: Lückenlos dokumentiert: http://www.heise.de/ct/04/03/046/default.shtml Positionspapier des FoeBuD eV: http://www.foebud.org/texte/aktion/rfid/index.html
Karl-Heinz Brandl
ver.di-innotec, Frankfurt (M.)
, 30. Januar 2004
Original: http://www.verdi-innotec.de/meldung_volltext.php3?si=403f198b37046&id=401a402a23382&akt=news&view=