Wer ein Ticket für die Fußball-WM vorbestellen will, muss dafür persönliche Daten angeben. Auf dem Ticket selbst wird es dann einen Chip geben, auf dem Daten gespeichert werden können - Datenschützer sehen dabei "Missbrauchs-Potenzial".
Welche Daten genau bei der Bestellung eines Tickets angegeben werden müssen, ist offiziell noch nicht im Detail bekannt. Nach Informationen des Bielefelder Datenschutz-Vereins FoeBuD werden es aber auch Daten sein, die für den Verkauf der Tickets eigentlich gar nicht nötig sind - und genau hier liegt das Problem: "Für die Marktforschung und die Werbung sind solche Daten ein gigantisches Kapital", so der FoeBuD-Vorsitzende padeluun im Gespräch mit wdr.de (padeluun ist ein Künstlername, der anstelle des Geburtsnamens im Pass des Vorsitzenden eingetragen ist). Entsprechend groß sei die Gefahr, dass dieses "Kapital" missbraucht wird, befürchtet er. So könnten etwa Sponsoren der WM heimlich Profile potentieller Kunden erstellen. "Die Menschen wissen nicht mehr, wer was wozu über sie weiß. Das ist das Grundproblem".
Klar ist bereits, dass die WM-Tickets einen RFID-Chip enthalten werden, mit dem die Karten fälschungssicher gemacht werden sollen. Dieser Chip ist aus Sicht der Datenschützer aber mindestens ebenso fragwürdig, wie das Erfassen der überflüssigen Daten. Der RFID-Chip funktioniert wie ein Mini-Sender: Die darauf gespeicherten Daten können von einem Empfänger-Gerät gelesen werden, ohne dass der Besitzer des Tickets dies merkt. "Damit könnte man zum Beispiel Bewegungsprofile der Fans innerhalb des Stadions erstellen", so padeluun. Und diese Überwachung sei "weder im Sinne der Fans noch der Demokratie". WM-OK: "Den gläsernen Fan wird es nicht geben"
Die WM-Organisatoren halten alle diese Befürchtungen für unbegründet. "Den gläsernen Fan wird es nicht geben", so der Vizepräsident des WM-Organisationskomitees, Wolfgang Niersbach. Es würden nur Daten abgefragt, die man bei jeder Hotelübernachtung angeben müsse. Auf dem RFID-Chip sollen nach Angaben der WM-Organisatoren überhaupt keine persönlichen Daten gespeichert sein. Er diene nur der Eingangskontrolle "und damit der Sicherheit", so Niersbach.
Genau das könne man aber auch ohne den umstrittenen Chip sicherstellen, meinen die Datenschützer von FoeBuD. Der Vorsitzende padeluun schlägt als Alternative Strichcodes auf den Karten vor, die beim Eingang über einen deutlich sichtbaren Scanner gezogen werden müssen - ähnlich wie die Ware an der Supermarktkasse. "Die Strichcodes haben die gleiche Funktionalität wie die Chips, aber sie sind billiger und der Fußballfan muss nicht laufend das Gefühl haben, überwacht zu werden", so padeluun. Das sehen die "offiziellen" NRW-Datenschützer ähnlich. Bei der RFID-Technik gebe es "Missbrauchs-Potenzial", meint die Sprecherin der Landesdatenschutzbeauftragten, Bettina Gayk. Bedenklich sei zudem, dass die umstrittene Technik hier erstmals bei einem Großereignis eingesetzt werde. Dies könnte einen "Dammbruch" zur Folge haben.
Die Datenschützer von FoeBuD sind nicht grundsätzlich gegen die Erfassung der Daten beim Ticketverkauf. Es müsse aber klar sein, dass nur die Informationen aufgenommen werden, die für den Verkauf tatsächlich notwendig sind und dass diese Daten unmittelbar nach der WM komplett gelöscht werden. Die Modalitäten der WM-Organisatoren hält der FoeBuD-Vorsitzende für völlig überzogen. Der Versuch, die Tickets fälschungssicher zu machen, sei zwar lobenswert, aber hier werde "mit Atombomben auf Spatzen" geschossen.
Westdeutscher Rundfunk Online, Köln, 24. Januar 2005
Original: http://wdr.de/themen/sport/fussball/wm_2006/datenschutz/index.jhtml