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Die digitale Identität

Der elektronische Ausweis kommt - Datenschützer beunruhigt

Der neue elektronische Personalausweis funktioniert im Testbetrieb schon gut. Im Berliner Institut "Fraunhofer Fokus", das Journalisten gestern erstmalig die Möglichkeit bot, das Dokument im Scheckkartenformat auszuprobieren, steht ein Fahrkartenautomat des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr: Man legt den Ausweis auf das Gerät und tippt die sechsstellige PIN-Nummer ein. Die Daten werden gelesen, und die Jahresabokarte wird ausgedruckt. Die Rechnung folgt per Lastschrift. "Der Vorteil ist, dass der Kunde nicht mehr am Schalter erscheinen muss", sagte Jens Fromm, der das "Test- und Dokumentationszentrum" leitet.

Der "E-Perso" soll auch Behördengänge überflüssig machen, den Check-In in Hotels oder den Autokauf erleichtern. Auch Geschäfte im Internet und Überweisungen sollen sich bequemer abwickeln lassen. "Das ist ein Technologiesprung in die Zukunft. Der Ausweis wird zum Schlüssel für das Internet", sagte Fromm weiter. Der "E-Perso" wird zu einem Mini-Computer, mit dem man im Netz einkaufen und Verträge mit einer digitalen Unterschrift versehen kann - diese Signatur ist optional. Neu ist auch ein Funkchip in der Karte, auf dem persönliche Daten sowie ein digitales Lichtbild gespeichert werden. Die Abgabe der Fingerabdrücke, des rechten und linken Zeigefingers, soll freiwillig bleiben. Damit unterscheidet sich der neue Personalausweis vom elektronischen Reisepass, den es bereits seit dem Jahr 2005 gibt. Bei ihm ist es Pflicht, den Fingerabruck abzugeben.

Rund 10,5 Millionen Bürger haben den E-Reisepass schon bestellt. Beim "E-Perso", der bundesweit ab November eingeführt und den bisherigen Sichtausweis ablösen werden soll, rechnet das Fraunhofer-Institut mit einem größeren Ansturm. Es schätzt die Nachfrage auf acht Millionen Stück pro Jahr. "Zwischen neun und 59 Euro soll er den Bürger kosten", vermutet Jens Fromm.

Datenschützer wie der Bielefelder "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs" (FoeBuD), der kürzlich eine Verfassungsbeschwerde gegen das Sammeln von Arbeitnehmerdaten ("Elena"-Verfahren) beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hatte, planen Protestaktionen gegen die Einführung des elektronischen Personalausweises. Die Kritiker sehen Sicherheitsrisiken, falls die digitale Identität gestohlen wird.

Befürchtungen, dass sich Bewegungsprofile eines Ausweisinhabers erstellen lassen, wenn er etwa den Scanner am Eingang eines Kaufhauses passiert, sind laut Fromm falsch. "Die Ausweisdaten können nur in einem Abstand bis maximal fünf Zentimeter gelesen werden", sagte er.

Martin Lutz

Die Welt, 21. Mai 2010
Original: http://www.welt.de/die-welt/politik/article7724573/Die-digitale-Identitaet.html

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