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Der neue Büchereiausweis - ein Datenspion?

Münster - Die Stadtbücherei stellt auf Selbstausleihe um. Ab Dezember kann jeder Nutzer mit Hilfe einer Ausweiskarte samt Radiofrequenztechnik (RFID) seine Bücher und CDs selbst auf den Scanner legen – und an einem Außenschalter sogar rund um die Uhr zurückgeben (WN, 22.7.). Klingt gut. Doch die neue Technik ruft Kritiker auf den Plan. Ihr Thema: Datenschutz.

„Wer einen RFID-Chip mit sich herumträgt, sendet eine weltweit einmalige Nummer an jedes Lesegerät in seiner Nähe, das sich dafür interessiert“, gibt WN-Leser Holger Voss zu bedenken. Der Münsteraner beschäftigt sich mit moderner Überwachungstechnik und hat sich intensiv mit RFID auseinandergesetzt. Er warnt davor, selbst eine anonyme Büchereinummer auf die leichte Schulter zu nehmen: „Wenn diese Nummer irgendwo – zum Beispiel bei der Stadtbücherei Münster – einer Person zugeordnet ist, dann kann man auch identifiziert werden.“

Bedenken, die Bücherei-Direktorin Monika Rasche nicht teilt. Als die RFID-Technik vor ein paar Jahren aufkam, habe sich der Deutsche Bibliotheksverband darauf verständigt, so wenig Daten wie möglich darauf zu speichern – das „Dänische Datenmodell“. Auf den Ausweisen sei lediglich eine Länderkennung, dasBibliothekssigel 447 der Stadtbücherei und die Kundennummer vermerkt: „Es werden keine personenbezogenen Daten erfasst, die nicht ohnehin schon bekannt sind.“

Das genügt Holger Voss nicht: „Geschützt sind Daten nur, wenn ich selbst entscheiden kann, ob ich sie herausgebe.“ Das wäre bei Büchereiausweisen der Fall, deren Chip nicht per Funk, sondern nur durch Einstecken in ein Lesegerät ausgelesen würde. RFID-Karten ließen sich hingegen unbemerkt anzapfen.

Genau davor warnt auch der renommierte Datenschutzverein „Foebud“ aus Bielefeld, der seit einiger Zeit die Kampagne „Stop RFID“ fährt. Kundenkarten, Fahrkarten oder Büchereikarten seien oft mit dem Chip ausgerüstet, ohne dass ihr Besitzer etwas davon wisse, erläutert Florian Glatzner von „Foebud“. Mit der entsprechenden Technik ließen sich damit Aufenthaltsorte, Kaufverhalten oder Arbeitszeiten kontrollieren: „Es findet Überwachung ohne Information statt.“

Monika Rasche dagegen legt Wert auf die Feststellung, dass die Stadtbücherei Münster mit den RFID-Daten sehr sorgsam umgehe: „Wir lesen noch nicht einmal aus, wo sich der Kunde im Haus gerade aufhält.“

LUKAS SPECKMANN

Westfälische Nachrichten, 24. Juli 2008
Original: http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/muenster/nachrichten/?em_cnt=577106&

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