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Fußball mit dem großen Bruder?

Datenschutzbeauftragte beruhigt die Fans

SPORT Ab dem 1. Februar können sich Fußball-Fans im Internet Tickets für die WM 2006 bestellen. Die Menge von Daten, die dafür angegeben werden muss, halten viele Datenschützer für ungerechtfertigt. Auch die Chips, die in die WM-Tickets eingearbeitet werden, sind umstritten.

Der Protest der Datenschützer ist groß: Was der DFB alles wissen will, um Fußball-Fans in die Verlosung der WM-Tickets aufzunehmen, geht vielen bei allem Verständnis für Sicherheitsvorkehrungen zu weit. Neben Adresse und Bankverbindung müssen auch Telefon- und Faxnummer, E-Mail-Adresse, Lieblingsverein, sowie die vollständige Personalausweisnummer angegeben werden.

Wer auf all diese Daten zu welchem Zweck Zugriff haben soll, ist unklar: Sponsoren zu Werbezwecken? Das an der WM-Organisation beteiligte Innenministerium? Geheimdienste oder Regierungen anderer Länder? Inquisitorische Fragebögen

"Wen in Nigeria geht meine E-Mail-Adresse etwas an? Wieso soll Sponsor Philips erfahren, welchem Verein mein Herz gehört?", kritisierte zum Beispiel padeluun, Vorstand des Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V. (FoeBuD), der jedes Jahr den Big-Brother-Award verleiht. Von inquisitorischen Fragebögen ist die Rede. Inwieweit der DFB die Datenschutzauflagen einhält, unterliegt der Kontrolle des Regierungspräsidiums Darmstadt. Die Datenschutzbeauftragte Renate Hillenbrand-Beck relativierte nun einige der Ängste und forderte den DFB dazu auf, transparenter zu zeigen, wer die Daten zu welchem Zweck und wie lange einsehen dürfe. Zu Werbezwecken dürfen die Daten jetzt nur genutzt werden, wenn der Besteller dies auf dem Formular ausdrücklich wünscht. Angaben zu E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer seien keine Pflicht, sondern freiwillig.

Fan-Trennung

"Beim Datenfeld 'Fan von' soll angegeben werden, welches Nationalteam der Besteller unterstützt," so Hillenbrand-Beck. "Das dient der Fan-Trennung. Das Formular sieht als Auswahlfeld jedoch auch die Angabe 'neutral' vor."

Weiterhin ungeklärt bleibt die Frage, ob die vollständige Angabe der Personalausweisnummer im Bestellformular rechtens ist. Die strengen Regelungen des Personalausweisgesetzes sprechen jedenfalls dagegen. Umstrittene Chips

Weiteres Reizthema sind die RFID-Chips, die in die WM-Tickets eingearbeitet werden. RFID steht für Radio Frequency Identification. Auf den Chips können Daten gespeichert, und dann von Lesegeräten abgerufen werden, ohne dass das Einverständnis des Besitzers eingeholt werden muss.

Auf den Chips sollen Kenn-Nummern gespeichert sein, die dann am Stadioneingang eingelesen werden können. Von dort aus werden sie dann an Stadion-Computer übermittelt und mit den Daten des Ticketbesitzers abgeglichen.

Befürchtungen bestätigen sich nicht

Auf den Chips selbst sind also entgegen der Befürchtungen keine persönlichen Daten des Besitzers gespeichert. Auch die Angst, dass im Stadion verteilte Lesegeräte ständig überprüfen, wann der Ticket-Träger wohin geht und somit ein Bewegungsprofil erstellt wird, entschärft Hillenbrand-Beck: "Bei den WM-Tickets wird ein Chip eingesetzt, der nur auf eine Entfernung von maximal zehn bis 15 Zentimeter gelesen werden kann."

Ohne dass der Träger es mitbekommt, können sie also kaum gelesen werden. Wie im Hotel?

Der DFB selbst macht überraschend wenig, um seinen Ticketkäufern die Ängste um ihre persönlichen Daten zu nehmen. Die Vorwürfe der Datenschützer vom FoeBuD e.V. wehrte Wolfgang Niersbach, Vizepräsident des WM-Organisationskomitees, mit dem kurzen Kommentar ab: "Es werden nur Daten abgefragt, die man bei jeder Hotel-Übernachtung angeben muss."

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Der FoeBuD e.V.

Die beiden Bielefelder Künstler, die sich padeluun und Rena Tangens nennen, arrangierten 1985 eine Mischung aus Computerclub und Kunstverein, aus dem 1987 der FoeBuD e.V. hervorging. Anfangs setzten sie sich hauptsächlich dafür ein, dass neue Computerentwicklungen leichter verständlich und für jeden zugänglich sein sollten. Inzwischen konzentrieren sie sich auf den Datenschutz in der computerisierten Welt. Seit dem Jahr 2000 strafen sie jährlich Firmen, Organisationen oder Personen mit dem "Big Brother Award" für besonders schlechten Umgang mit persönlichen Daten ab.

© ZDF 2005

Tim Kanning

ZDF heute, 31. Januar 2005
Original: http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/31/0,1872,2255935,00.html

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