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Telekom spendet 1,7 Millionen Euro im Fall der Datenschutz-Affäre

Nach der Bespitzelungsaffäre der Telekom in den Jahren 2006 und 2007 hofft der Beauftragte für Datenschutz und Recht des Telekom-Vorstands Manfred Balz mit einer rund 1,7 Millionen Euro hohen Spende auf positive Reaktionen. Die Spende will die Telekom freiwillig an gemeinnützige Organisationen spenden.

Mehr als zwei Jahre nach dem Auffliegen der Affäre um die Bespitzelung von Gewerkschaftern und Journalisten will die Telekom jetzt gut Wetter machen. Rund 1,7 Millionen Euro wolle der Konzern an gemeinnützige Organisationen spenden, kündigte die Telekom am Dienstag in Bonn an. Die Zahlung soll freiwillig erfolgen, nicht erzwungen etwa vom Bonner Landgericht, wo Ende des Monats das Urteil im Strafprozess um die Vorfälle aus den Jahren 2005 und 2006 erwartet wird.

Eine „Geste der Verständigung“ solle die Zahlung sein, betonte der im Telekom-Vorstand für Datenschutz und Recht zuständige Manfred Balz, eine Geste, von der er hoffe, dass sie angenommen werde. Die Hoffnung scheint berechtigt: Immerhin saß Balz für die Telefon-Pressekonferenz am Dienstag zusammen mit ver.di-Vorstandsmitglied Lothar Schröder in dessen Büro in der Berliner Gewerkschaftszentrale. Schröder ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Telekom – und gehört zu den von dem Unternehmen auf der Suche nach einer undichten Stelle bespitzelten Gewerkschaftern.

In den Jahren 2006 und 2007 hatte die Telekom nach undichten Stellen geforscht, aus denen Vorstandsinterna an Journalisten gelangten. Dazu ließ die Konzernsicherheit die Telefondaten von etwa 50 Gewerkschaftern, Betriebsräten, Aufsichtsratsmitgliedern und auch von Journalisten überprüfen, um festzustellen, wer mit wem wann gesprochen haben könnte. Vorstandschef war damals Kai-Uwe Ricke, Aufsichtsratschef der später über eine Steueraffäre gestolperte Post-Vorstandsvorsitzende Klaus Zumwinkel.

Namhafte Summe zur Entschädigung bereitgestellt

Balz verurteilte den Datenmissbrauch durch das eigene Unternehmen erneut und versicherte, es seien Vorkehrungen gegen eine Wiederholung getroffen – was Schröder bestätigte. Die Spende sei gedacht als „bewusste Geste“ gegenüber Arbeitnehmervertretern, Gewerkschaftern und deren Familien, die „in großer Zahl von dem Telefondatenmissbrauch betroffen“ gewesen seien. Zudem sei das Unternehmen „in guten Gesprächen mit den betroffenen Journalisten“. Es habe unabhängig von der Spende eine „namhafte Summe“ für die Entschädigung der bespitzelten Arbeitnehmervertreter und Journalisten zur Verfügung gestellt. Zahlen wollte Balz nicht nennen.

Geld aus dem Spendentopf bekommen nach Angaben der Telekom unter anderen die Datenschutzaktivisten des Vereins FoeBuD in Bielefeld, welche die Telekom wegen der Affäre mit ihrem Negativpreis „Big-Brother-Award“ bedacht hatten. Auch die Initiative „Mach meinen Kumpel nicht an!“ gegen Ausgrenzung und Rassismus, der ver.di-Sozialverein, die Organisation „Journalisten helfen Journalisten“ und die Europäische Akademie der Arbeit an der Uni Frankfurt am Main stehen auf der mit den Gewerkschaftern abgestimmten Empfängerliste.

Kritik an mangelnder Aufarbeitung vor Gericht

ver.di-Vorstand Schröder nannte die Geste des Unternehmens einen „begrüßenswerten Akt der Wiedergutmachung“. Er lobte die große Bereitschaft der jetzigen Telekom-Führung zur Kooperation und würdigte, dass das Unternehmen gegenüber den Betroffenen eine ausdrückliche Ehrenerklärung und Entschuldigung ausgesprochen habe.

Kritisch äußerte sich Schröder, aber auch Balz, zu dem in Bonn zu Ende gehenden Strafprozess. Nachdem das Verfahren gegen zwei ehemalige Telekom-Beschäftigte wegen geringer Schuld gegen Geldbußen eingestellt wurde, wartet nur noch der ehemalige Sicherheitschef des Konzerns auf sein Urteil. Klaus-Dieter T. hatte die Bespitzelung zugegeben. Schröder und Balz bedauerten, dass das Gericht sich „vor allem mit Eigentumsdelikten beschäftigt“ habe, dagegen die Verletzung von Persönlichkeitsrechten und der Pressefreiheit nachrangig blieben. Schröder wiederholte zudem seine Zweifel, dass die Konzernsicherheit ohne Befehl von ganz oben hätte handeln können. „Da sehen wir, dass noch Platz auf der Anklagebank wäre.“ Die Bonner Staatsanwaltschaft hatte im Juni die Ermittlungen gegen Zumwinkel und Ricke eingestellt, weil ein Verstoß gegen Datenschutz oder Fernmeldegeheimnis nicht nachweisbar sei.

Focus Online, München, 16. November 2010
Original: http://www.focus.de/panorama/vermischtes/datenschutz-telekom-spendet-1-7-millionen-euro-im-fall-der-datenschutz-affaere_aid_572628.html

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