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Blogs vom Bauchnabel oder für die kritische Oeffentlichkeit

Während sich in Berlin auf der Blogmich[1] 130 Blogger zu einem Familientreffen zusammenfanden, diskutierten am Wochenende in Wiesbaden Medienexperten bei "Blogs & Co." zwei Tage lang, ob Blogs mehr sind als "Katzencontent[2]" und Tagebücher für die Clique. Auf der vom netzwerk recherche[3] und der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb[4]) veranstalteten Tagung "Von neuen Öffentlichkeiten zur heimlichen Medienrevolution -- welche Chancen hat eine kritische Internetkultur?" stand vor allem die Eignung von Blogs für journalistische Inhalte zur Debatte. Eine scheinbar überflüssige Frage, da in Deutschland die "Blogosphäre" stark von Journalisten[5] geprägt ist. Doch Journalisten beschäftigen sich in der Regel mit sich selbst und eventuell noch ihrem Bauchnabel, wie es der Tagungsleiter Thomas Leif bekrittelte. Zudem stehen die meisten Blogs nicht im Kontext eines etablierten Mediums -- die Versuche der Zeit[6] und des Handelsblattes[7] sind hier die Ausnahme.

"Als Plattform für kritische Öffentlichkeiten sind Blogs, Wikis und selbst die Wikipedia ungeeignet, das Internet[8] fördert zwar die schnelle Kommunikation, nicht aber die politische Kommunikation." So provozierte Protestforscher Dieter Rucht zu Beginn die Runde. Seine Einschätzung[9] basierte vor allem auf Untersuchungen zum WWW und wurde im Kontext der diskutierten Bloggerei eher beiläufig zur Kenntnis genommen. Der Veranstalter hatte indes Akzente gesetzt. Auf der einen Seite referierten diejenigen, die mit Blogs Geld verdienen wollen, auf der anderen Seite die, die mit Blogs Politik machen, beziehungsweise über Politik aufklären wollen. So referierten Heiko Hebig[10] von Six Apart[11] (verkauft Blog-Software), Wolfgang Lüdenberger-Reidenbach[12] von news aktuell[13] (hält Seminare zu Blogs) und Klaus Eck[14] (bietet Blog-Beratung an) enthusiastisch über die bunte Welt der Blogs. Mit Günther Metzges von der Kampagnenplattform campact[15], Ulrich Müller von den Lobbyisten-Beobachtern Lobby Control[16] und Rena Tangens vom FoeBuD[17], Organisator der deutschen Big Brother Awards[18], kamen hingegen die politischen Inhalte zur Sprache, die über Blogs oder das Internet kommuniziert werden können.

Irgendwo außen vor lag Erik Möller[19] mit seinem Vortrag über den Zusammenhang von Open Source, freiem Wissen und den Wikinews[20]. Gerade weil die Wikinews doch (noch) sehr stark auf etablierte journalistische Quellen verlinken, sind sie schwer als Nachrichtenalternative wahrnehmbar. Entsprechend stellte Möller lieber die Vorbilder Slashdot, Kuro5hin und DailyKos vor. Auch Christoph Schultheis von Bildblog[21] hatte es nicht ganz einfach. Bildblog ist ein Watchblog, bei dem vier professionelle Journalisten auf "Merkwürdigkeiten" hinweisen, die in der Bild-Zeitung häufig zu finden seien. Der umgedrehte Fall, wie bloggende Journalisten kontrolliert und so abgekanzelt[22] werden, dass sie Aufträge verlieren, wurde in Wiesbaden hingegen nicht diskutiert.

Lorenz Lorenz-Meyer, bloggender[23] Professor für Online-Journalismus, brachte mit seinen Bemerkungen über Netzwerk- und Resonanzeffekte die Zukunft des Bloggens schließlich auf den Punkt: Zum einen werden sich Journalisten auf Blogs einlassen müssen. "Ein Journalist, der die wichtigsten Blogger seines Themengebietes nicht liest, beherrscht sein Handwerkszeug nicht." Zum anderen würden etablierte Medien versuchen, besuchsstarke Blogs unter ihrer Dachmarke zu veröffentlichen. So könnte sich die Süddeutsche Zeitung mit Blogs im Feuilleton oder im Sportteil erweitern. (Detlef Borchers) / (pmz[24]/c't) (pmz/c't)

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