Bielefeld/Paderborn. Bei Filmpremieren und Vorpremieren (engl.: Previews) wird der Spaß von Kinobesuchern in OWL auf eine harte Probe gestellt. Mit Nachtsichtgeräten wollen Betreiber Gäste aufspüren, die heimlich Harry Potter und Co. aufzeichnen, um den Film illegal im Internet anzubieten. Kritiker befürchten das Ende der Kuschel-Romantik vor der Leinwand.
Obwohl im Bielefelder Cinemaxx-Kino (2004: 680.000 Besucher) noch kein Filmpirat erwischt worden ist, hat Theaterleiterin Eliza Hanke (33) die Bedrohung durch kriminelle Filmkopierer fest im Blick ? auch per Nachtsichtgerät: "Wir werden manchmal per Maßnahmenkatalog vom Verleiher dazu gezwungen, weisen aber die Gäste mit Plakaten darauf hin."
Hans-Werner Renneke (55), Inhaber des Cineplex-Kinos in Paderborn, wettert gegen die stumme Beobachtung des Kinopublikums: "Das sind Polizeistaatmethoden, so etwas hat unser Publikum nicht verdient." Auch er hat noch keinen Täter in seinem Haus ertappt.
Renneke ist sich bewusst, wie groß der Schaden durch Raubkopien für die gesamte Filmindustrie ist ? laut Branchenschätzungen etwa eine Milliarde Euro jährlich ?, doch er sieht die undichten Stellen nicht in den Kinos. "An der Qualität der Kopien im Internet kann man sehen, dass die Bilder nicht im Kino abgefilmt sind, sondern aus anderen Quellen vor dem Kinostart stammen."
Trotzdem diskutiert der Hauptverband deutscher Filmtheater die Anschaffung von 600 Nachtsichtgeräten, um Filmvorführungen im ganzen Land "punktuell" zu kontrollieren. Die Branche, die laut Filmförderungsanstalt ihre Besucherzahlen trotz Internetkopien konstant hält, weiß um die Gratwanderung zwischen Wohlfühlerlebnis ihrer Gäste und Sicherheitsbedenken der Filmverleiher: "Die Menschen sollen weiter eine intime Kino-Atmosphäre spüren, nur bei Previews von großen Filmen gibt es Hochsicherheitsmaßnahmen, damit der Film nicht vor dem Kinostart ins Netz gelangt", so Jan Österlin, Pressesprecher der CineStar-Gruppe, die auch in Gütersloh und Bielefeld vertreten ist.
Für "verkehrt und unwirksam" hält Rena Tangens vom Bielefelder Datenschutzverein "Foebud" die Kontrollen und beklagt: "Das ist ein Eingriff in die Privatsphäre der Besucher, sie alle werden damit kriminalisiert.
Jens Reddeker
Neue Westfälische, Bielefeld, 27. Juli 2005
Original: http://www.nw-news.de/nw/news/owl_/_nrw/?sid=e0ecc29aab50e82a20eb2b57816734ad&cnt=554488