Von Carsten Heil
Bielefeld/Detmold. padeluun ist begeistert. Der Bielefelder Computerspezialist mit Künstlernamen hatte sich schon vor zwei Wochen darum bemüht, von der Telekom einen Einzelverbindungsnachweis zu angekündigten Bedingungen für seine zahlreichen Leitungen bekommen. Fehlanzeige. Doch nach dem jüngsten Beschluß des Telekom-Aufsichtrates, ab sofort jede Verbindung nachzuweisen, meldete sich das Unternehmen von allein.
"Die Telekom hat schnell reagiert. Die Anträge sind gestellt. Jetzt bin ich nur nur gespannt, wie lange es dauert, bis ich den Einzelverbindungsnachweis tatsächlich bekomme", sagt padeluun vom Gemeinnützigen Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs.
Freude kommt auch bei anderen Kunden auf. Im Bereich der Telekom Bielefeld gab es in den vergangenen zwei Tagen 235 Anfragen und 50 konkrete Aufträge. Ein rapider Anstieg. Seit April l994 ist es dem Unternehmen möglich, überhaupt solche Nachweise anzubieten. Nach Angaben der Bielefelder Niederlassung wurden seitdem etwa 600 Kunden mit detaillierten Rechnungen bedient. Kosten für den Kunden: 5 Mark im Monat. Jetzt bietet das Untemehmen den Nachweis für 19 Mark.
90 Prozent aller An'schlüsse können entsprechend eingerichtet werden: diejenigen, die im Bereich digitaler Vermittlungsstellen liegen. "Wir geben uns natürlich Mühe, möglichst schnell zu arbeiten, sind aber von Zulieferfirmen abhängig. In einzelnen Fällen müssen wir um Geduld bitten", so Horst Hartmann, Sprecher der Telekom in Bielefeld. Er verspricht, daß sein Unternehmen nun "in die Strümpfe kommt". In den Strümpfen ist bereits die Staatsanwaltschaft. Gestern hat sie die Zentrale der Telekom in Bonn durchsucht und umfangreiches Beweismaterial in Sachen Gebührenskandal sichergestellt. Die Deutsche Telekom Detmold indessen ebenfalls zahlreiche Anträge für den Nachweis. "Es brummt", sagt Sprecher Hartmut Baack. 100 konkrete Aufträge und rund 300 weitere Fragen nach den Bedingungen für die nach einzelnen Gesprächen aufgeschlüsselte Telefonrechnung liefen bei seinen Kollegen ein.
Einige Kunden müßten allerdings hinnehmen, daß ihre Rufnummer geändert werden müsse. Das müsse für jeden Anschluß einzeln geprüft werden. Baack: "Das schreckt viele ab." Und noch ein Problern entsteht. Hartmann., "Werden Einzelnachweis will, muß alle zum Haushalt gehörenden Personen ab 18 Jahre unterschreiben lassen, daß sie damit einverstanden sind." Grund. Die genaue Rechnung weist di e angerufenen Nummem aus. Zwar sind die letzten drei Zahlen des. Gesprächsteilnehmers unkenntlich gernacht. Aber Vati kann trotzdem Rückschlüsse ziehen, mit wem die Tochter so lange telefoniert hat. Das muß der nicht immer recht sein. "Die Diskussionen in den Familien werden spannend", erwartet Hartmann.
Neue Westfälische, 26. Januar 1995