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CCC-Kongress ficht für mehr Bürgerrechte im Web

Überwachungskameras sind für die Kongressteilnehmer, die die Hackervereinigung Chaos Computer Club (CCC) zum Jahreswechsel nach Berlin eingeladen hatte, ein rotes Tuch. Sie haben sich scharenweise dagegen ausgesprochen, die Überwachung auszudehnen. Sie sehen darin nicht mehr Sicherheit, sondern eine Gefährdung der Privatsphäre und der persönlichen Freiheit des Einzelnen. Doch was die Teilnehmer des 22. Kongresses als Bedrohung empfinden, geht demnach noch weiter.

So haben sich die etwa 3000 Besucher speziell für Fragen interessiert, die den Techniken der Behörden etwas entgegensetzen. Dabei waren so innovative Vorträge wie der von der österreichischen Bürgerrechts- und Hackerorganisation Quintessenz mit 500 Interessierten mit am beliebtesten gewesen. Die Österreicher stellten eine Methode vor, wie man die öffentlichen Überwachungskameras in Städten erblinden lassen kann.

Adrian Dabrowski und Martin Slunsky stellten vor, wie sie die Polizeikameras in Wien gehackt hatten. Dafür hatten sie mittels analogem Satellitenreceiver - Kostenpunkt 15 Euro -, einer passenden Antenne und einem sogenannten Copy-Enhancer, um analoge Kopiersperren zu eliminieren, die Polizeifrequenz von 2,3 GHz für sich zugänglich gemacht. Sie schafften es demnach auch teilweise, den Kopierschutz der Videodaten zu knacken und solche Videodaten zeitnah zu verändern. Besonderen Applaus der etwa 500 Anwesenden erhielt beispielsweise eine Technik, die den gefilmten Personen per Gesichtserkennungssoftware einen schwarzen Balken über die Augen verpasst und die Aufnahmen so unbrauchbar macht.

Damit, so betonen sie, wollten sie nichts Kriminelles tun oder die Polizeiarbeit behindern. Vielmehr wollten die beiden, die sich als Aktionskünstler bezeichnen, "gegen die zunehmende Kamerapräsenz protestieren und aufzeigen, wie vermeintlich sinnvoll Kameraüberwachung im öffentlichen Raum ist". Dabrowski äußerte die These, dass die Polizei sich auch aus Langeweile in fremden Privatwohnungen "umguckt".

Dabei verstehen sich die Akteure als Mahner, die auf die "Unreflektiertheit im Umgang mit der Technik" hinweisen wollen. Schließlich sei die Kameratechnik längst in Messezusammenhängen, im privateren Bereich und nicht mehr nur auf öffentlichen Plätzen gang und gäbe - doch dadurch werde die Welt nicht sicherer, vielleicht nur paranoider. Sie luden die Öffentlichkeit ein, mit der Suchabfrage 'axis-cgi/' unter Google nach Kameras im öffentlichen Raum weltweit zu suchen und sich so bewusster zu werden, wie weit die Überwachung bereits fortgeschritten sei.

Diese Haltung der Quintessenz-Akteure teilten nicht wenige Kongressteilnehmer. Und deshalb blieb beispielsweise die Überwachungs-Videokamera im Kongressraum während des Vortrags und teilweise während des Kongresses aus. Dem Thema 'Sicherheit vs. Überwachung, Videoüberwachung am Beispiel des Kongressgebäudes' widmeten die CCC-Aktivisten Jens Ohlig, Padeluun, Andy Müller-Maguhn und Frank Rosengart sogar einen eigenen Vortrag.

Frank Rieger vom CCC sagte gegenüber der Presse, er sei dafür, dass die Beobachter auch einmal beobachtet würden. Westliche Gesellschaften mutierten mehr und mehr zu einer Art Polizeistaat, die von einer unkontrollierten Elite regiert würden. Es gebe aber genug Technik, die einfach zugänglich sei und es ermögliche, den Spieß umzudrehen und die Beobachter zu exponieren. Dafür wird aber eine kritische Öffentlichkeit benötigt. Um diese zu sensibilisieren, hat der CCC den ganzen Kongress unter das Motto 'Private Investigations' gestellt. Hacker Joi Ito ging noch um einiges weiter und sagte: "Informationsfreiheit ist wichtiger als das Recht, Waffen zu besitzen und auch wichtiger als das Wahlrecht." Sie sei es, die Demokratie erst ermögliche.

Kathrin Schmitt

Silicon, München, 03. Januar 2006
Original: http://www.silicon.de/cpo/ts-b2b/detail.php?nr=25804

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