st München - Der größte Kundenkartenanbieter Payback hat gegenüber Datenschützern ein reines Gewissen. Der Vorwurf des gläsernen Kunden sei nur ein PR-Thema, sagte Alexander Rittweger am Montag gegenüber Journalisten. Er ist Geschäftsführer der Loyalty GmbH, die 28 Millionen Payback-Karten verwaltet. Verbraucherministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) hatte den Vorwurf erhoben, mit Kundenkarten würde ein Geschäft auf Kosten des Datenschutzes gemacht. Payback zeigt sich auch zu der Selbstverpflichtungserklärung bereit, die Künast gefordert hatte. Damit soll die Aufnahme persönlicher Daten für Marketingzwecke nur mit direkter Einwilligung des Kunden möglich sein. Meist erfolgt die Aufnahme, sofern der Kunde nicht ausdrücklich widerspricht. Seit der Lockerung des Rabattgesetzes 2001 versuchen immer mehr Einzelhändler über Karten und Rabattangebote, die Kunden an sich zu binden. Mittlerweile sind 100 Millionen Kundenkarten in Deutschland im Umlauf. Payback besteht seit fünf Jahren und ist vor dem System Happy-Digits Marktführer. Über 15 Milliarden Euro werden bei den Partnerfirmen über die Payback-Karten jedes Jahr umgesetzt. Die Betreiberfirma Loyalty wickelt zudem das Kundenbindungsprogramm der Bahn ab. Parallel zum Auf kommen der Kundenkarten kochte die Diskussion hoch, welche Daten die Einzelhändler aufnehmen und für Marketingzwecke verwenden dürfen. Die Datenschutzinitiative FoeBuD wirft den Kartenbetreibern vor, Datenhandel sei das eigentliche Ziel des Geschäfts. Der Payback-Betreiber Loyalty bekam von dem Verband 2000 die fragwürdige Auszeichnung „Big BrotherAward", weil eine Teilnahme am RabattProgramm die Weitergabe der Daten beinhaltete. Payback hat reagiert. Mittlerweile zählt es zu den wenigen Anbietern, die bereits jetzt nur bei eindeutiger Zustimmung der Kunden die Daten sammeln. Neben Alter und Wohnort können Kunden auch Einkommen und Anzahl der Kinder angeben. Der Einzelhandel kann die Verbraucher in Gruppen einteilen und die Daten für Werbung nutzen. Die Verbraucherzentrale fordert die großen Kartenanbieter auf, ihrer Verantwortung stärker gerecht zu werden. „Da es unzählige Anbieter gibt, kann die korrekte Verwendung schwer gesichert werden", sagte ein Sprecher. Eine Selbstverpflichtung reiche nicht aus. Wohin der Datenhandel führen kann, zeigt ein Fall aus der Schweiz: Dort wurden 139 Inhaber einer Supermarkt-Karte von der Polizei aufgesucht. Sie hatten allesamt ein Werkzeug gekauft, mit dem ein Einbruch getätigt wurde. 100 Millionen Kundenkarten stecken in deutschen Geldbörsen. Obwohl die Weitergabe der Daten an Dritte verboten ist, beklagen Verbraucherschützer Missbrauch.
Süddeutsche Zeitung, München, 07. Juni 2005
Original: Nicht bekannt