Jahr für Jahr werden hierzulande Milliarden Euro mit dem Handel privater und geschäftlicher Adressen verdient. Dabei geht es nicht allein ums Sammeln und Verkaufen von Adressen, sondern um schlichtweg all die Informationen, die einen wie auch immer gearteten "Mehrwert" versprechen. Dazu zählen zum Beispiel auch Ihre Lebensgewohnheiten, Ihre finanziellen Verhältnisse, egal ob Sie nun Privat- oder Geschäftsmensch sind.
Die Informationen liefern den Adress-Agenturen sowohl öffentliche Behörden, als auch bestimmte Firmen, wie zum Beispiel Versandhäuser. Letztere führen riesige Datenbanken, in denen sogenannte Einkaufsprofile der einzelnen Kunden gespeichert werden.
Der Datenschutz hat nichts dagegen. Der Verkauf dieser Informationen an Dritte ist allerdings streng verboten. Dies darum, weil private Informationen aus datenschutzrechtlichen Gründen geschützt sind. Der Gesetzgeber hat allerdings nichts dagegen, wenn Firmen diese Informationen vermieten. Dabei bleiben die "geschützten Daten" zum Beispiel Eigentum der Versandhäuser, dürfen aber zur einmaligen Nutzung z.B. an eine Versicherung vermietet werden. Die legt zum Beispiel Wert auf folgende Informationen: Zahlen Sie pünktlich, lieben Sie es zu reklamieren?
Im Grunde werden alle Informationen zu Ihren Lebensumständen gesammelt. Adresshändler und Auskunfteien versuchen nämlich eine Art Persönlichkeitsprofil über Sie oder Ihre Familie zu erstellen. Je genauer das ausfällt um so wertvoller ist der Datensatz.
Da Ihre Daten hauptsächlich zu Werbezwecken gebraucht werden, sind für die "Mieter" im wesentlichen neben Ihrer Adresse das Profil über Ihre Lebensumstände besonders wichtig.
Ob Sie zum Beispiel verheiratet sind, Kinder haben, in einer Miet- oder Eigentumswohnung leben, in welcher Wohngegend diese liegt. Ob Sie Doppelverdiener sind, welches Auto Sie fahren, wie oft und wo Sie Urlaub machen, wie viele und bei welcher Bank Sie Konten haben und welche Kredite Sie wofür aufgenommen haben, was und wo Sie bevorzugt einkaufen.
Könnte sein, daß Sie gar nicht glauben können, dass jemand so viele Informationen über einen einzelnen Menschen sammeln kann. Doch - so muß man feststellen, das ist längst möglich.
Haben Sie schon mal an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel teilgenommen? Dabei hat man Sie nach Ihrer Adresse, Ihrem Geburtsdatum oder zum Beispiel nach Ihrem Einkommen oder der Bankverbindung gefragt? Sind Sie schon mal auf der Straße für eine Meinungsumfrage angesprochen worden?
Garantiert hat man auch Sie schon mal diskret, mal plump direkt, über Ihre persönlichen Interessen und Verhältnisse ausgefragt und sich natürlich Ihre Adresse aufgeschrieben. Lautet auch Ihr Motto: "Ich? Ich habe doch nichts zu verbergen!. Von mir kann jeder alles wissen!"?
Besitzen Sie eine Kundenkarte zum Beispiel von IKEA oder Tchibo? Oder eine Paybackkarte an denen zum Beispiel Unternehmen wie Kaufhof, DEA oder Realkauf beteiligt sind? Da verspricht man Ihnen Preisvorteile. Tatsächlich dient die Kundenkarte dazu, so haben das die Verbraucherschützer schon mehrfach reklamiert, jeden Einkauf, den Sie mit der Karte tätigen, zu speichern und danach Ihr Einkaufverhalten auszuwerten. Auch Datenschützer landauf, landab werden nicht müde, auf die Gefahren hinzuweisen.
Auch Kreditkartenunternehmen können ein "Einkaufsprofil" über Sie speichern. Alle diese Informationen bringen den Unternehmen viel Geld ein. Auch die Versandhäuser verkaufen die über Sie gespeicherten Informationen.
Adresshändler bedienen sich aber auch aus öffentlichen Quellen. Zum Beispiel werden Adressen aus Telefonbüchern und dem Register beim Einwohnermeldeamt gesucht. Die öffentlichen Schuldnerregister werden ebenfalls durchforstet und Auskünfte bei der Schufa eingespeist und eingeholt.
Alles in allem, nur einige Beispiele, woher die Informationen über Sie stammen können. Es gibt noch viel mehr. Das hört sich nach einem sehr großen Aufwand an und scheint aus diesem Grund erst einmal unrealistisch. Doch weit gefehlt, dieser Aufwand wird tatsächlich betrieben.
Einer der größten Adresshändler in Deutschland ist die Firma Schober in Stuttgart. Schober wirbt damit, über 50 Millionen Privatadressen zu verfügen, die man bei ihm mieten kann. Über eine Milliarde Informationen sollen neben den Adressen in dieser Datei gespeichert sein.
Datenschützer halten diese Zahlen für durchaus realistisch, denn die EDV-Systeme sind heute durchaus in der Lage, diese riesigen Datenmengen zu sortieren und zu katalogisieren. Firmen wie zum Beispiel SqribeTechnologies haben spezielle Software Programme für die Auswertung der riesiger Kundendaten entwickelt.
Der Stuttgarter Adress-Anbieter und viele andere seiner Mitbewerber haben in den letzten Jahren ein weitverzweigtes Netzwerk der Informationsbeschaffung aufgebaut und machen damit ein Milliarden-Geschäft.
Persönliche Daten werden auch von Banken, Versicherungen, Konzernen und Auskunfteien wie zum Beispiel der Schufa oder der Infoma gesammelt und ausgewertet. Auch hier geht es um?s Geld mit der "Vermietung" persönlicher Daten.
Der Berliner Datenschutzbeauftragte Hans Jürgen Gartska, erklärte dem ARD-Ratgeber Recht im Interview, daß Banken, zu denen auch eigene Reiseunternehmen oder Versicherungen gehören, die Daten zum gegenseitigen Nutzen "weiter auswerten", sprich auch hier ein reger Datenaustausch stattfindet.
Zwar dürfen die Banken den genauen Kontostand etwa Ihres Kontos nicht weitergeben. Täten sie es, würden sie damit das noch (wenn auch nur noch rudimentär) bestehende Bankgeheimnis mißachten. Doch geben die Banken Informationen zum Beispiel an die Schufa regelmäßig weiter. Ohne Schufa oder Kreditkauskunft, so behaupten die Bankverantwortlichen, kämen die Banken heutzutage gar nicht mehr aus. Bei der Schufa und anderen Auskunfteien, sowie den Adresshändlern, können Firmen konkrete Informationen über die Bonität (Zahlungsfähigkeit) eines Kunden abfragen, oder besser gegen eine Gebühr mieten.
Auch Ihre Zahlungsfähigkeit kann mittels eines sogenannten ScoreWerts ermittelt werden.
Renan Tangens von dem Bielefelder Datenschutzverein FoeBud. e.V. erklärt, daß sich der ScoreWert aus einer Vielzahl einzelner Faktoren zusammensetzt. Keiner kennt die Kriterien genau mit dem der ScoreWert ermittelt wird. Ein geheimer Code also, den jeder Bankmitarbeiter problemlos lesen kann. Was bislang bekannt geworden ist, ist dies: Darin sind "verrechnet" zum Beispiel der Wohnort, Ihr Beruf und Ihr Alter. Ein häufiger Wohnort oder Arbeitgeberwechsel soll - so heißt es - zum Beispiel zu einem negativen ScoreWert beitragen. Welche Informationen die Banken liefern, weiß keiner so genau. Noch nicht einmal die Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes konnten uns da genaueres sagen. Und wenn schon die "nichts genaues nicht wissen", kann auch niemand kontrollieren, mit welchen Daten gehandelt wird, reklamiert der Berliner Landesdatenschutzbeauftragte Gartska gegenüber dem ARD-Ratgeber Recht.
Grundsätzlich sind alle Firmen, die Handel treiben, an diesen Daten interessiert. Eine Firma die Rasenmäher verkauft und neue Kunden sucht, oder eine Versicherung die neue Kunden für Bauspar- oder Hausratversicherungen werben will, mieten unter Umständen Ihre Adresse bei einem Adresshändler.
Damit die Werbepost des Rasenmäherherstellers nicht an die Bewohner einer Hochhaussiedlung verschickt werden, oder die Versicherung nur solche Bürger anspricht, die noch keinen Bausparvertrag haben, müssen neben der Adresse möglichst viele weitere Informationen gesammelt werden. Ohne diese Informationen lassen sich heutzutage die bloßen Stammdaten, wie Ihre Adresse nur schlecht vermarkten, erfuhren wir aus der Szene.
Bei der Deutschen "Postadress", einem privaten Tochterunternehmen der Deutschen Post, werden die Adressen Paketweise verkauft. Sobald Sie umziehen, leitet die Post, meist ohne Ihr Wissen, die neue Adresse an die "Postadress" weiter, die dann Ihre neue Adresse verkauft. Die "Postadress" macht ihr Geschäft auch mit dem Tod: Sie bedient sich der Sterbedatei und wirbt damit sogar im Internet.
Noch werden Ihre persönlichen Daten in Deutschland hauptsächlich zu Werbezwecken verkauft. In den USA gab es lange Zeit keine staatlichen Datenschutzregelungen für den Adresshandel. Behörden finanzieren sich zum Teil mit dem Verkauf von Informationen über die Bürger. Jeder kann gegen eine Gebühr von z.B. 6 Dollar erfahren, ob sein Arbeitgeber private Schulden hat oder nicht. Umgekehrt läuft die Chose natürlich auch. In den Staaten haben darum Hunderttausende keine Chance, je einen Job zu finden, weil sie irgendwann mit negativen Informationen in den Datenbanken der Auskunfteien gelandet sind. Eine Horrorvorstellung, die keiner für Deutschland ausschließen kann.
Der Bielefelder Datenschutzverein FoeBud. e.V. empfiehlt, grundsätzlich nicht an Marktforschungsumfragen teilzunehmen. Auch die Preisausschreiben, die täglich im Briefkasten landen, sollte man am besten gleich ungeöffnet in den Müll werfen.
Verbraucher sollten auch auf Kundenkarten oder die sogenannten Paybackkarte verzichten, weil damit genaue Einkaufsprofile über einzelne Kunden erstellt werden können. Zudem würden diese Karten die Warenpreise erhöhen, weil der gewährte Preisvorteil vorher auf die Ware aufgeschlagen wird, meint Renan Tangens vom FoeBud e.V im Interview mit dem ARD-Ratgeber Recht. Auch Kreditkarten sollten Verbraucher möglichst sparsam verwenden.
Grundsätzlich sollte man mit persönlichen Daten im Internet äußerst vorsichtig sein. Hier gibt es so gut wie gar keine Kontrolle, was damit geschieht und in welche Hände Ihre Daten gelangen. Geben Sie zum Beispiel keine Bankverbindungen online weiter und seien Sie äußerst vorsichtig mit Angaben zu Ihrer Kreditkartennummer und Ihrer Adresse.
Wenn Sie nicht in einer Adressdatenbank landen, oder da wieder herausgenommen werden wollen, sollten Sie sich die Mühe machen und einen kurzen Brief an den Adresshändler oder das Unternehmen mit dem Sie in geschäftlicher Verbindung stehen schreiben.
Es reicht diese kurze Mitteilung:
Ich widerspreche der Nutzung und/oder Übermittlung meiner Daten für Werbezwecke oder für die Markt- oder Meinungsforschung (§ 28 Abs. 3 Bundesdatenschutzgesetz).
Sie können sich auch in die so genannte Robinson-Liste eintragen lassen. Das ist eine vom Deutschen Direktmarketingverband gegründete Datenbank für alle, die keine Werbung erhalten möchten.
Sie können unter folgender Telefonnummer sich eintragen lassen: 07156/951010.
Oder bestellen Sie sich ein Aufnahmeformular für die Robinson-Liste beim:
Deutschen Direktmarketing Verband
Stichwort: "Robinson-Liste"
Postfach 1401
71243 Ditzingen
Einige Datenschützer halten von dieser Liste nicht viel, weil die meisten Unternehmen keinen Datenabgleich zwischen den gekauften Adressen und der Robinson-Liste machen. Darüber hinaus wird die Werbung von den Unternehmen oft outgesourct. Das heißt, ein anderes Unternehmen wird mit der Werbung beauftragt und ob die sich dann an die Selbstverpflichtung halten, ist fraglich. Zu bedenken ist auch, dass die Robinson-Liste eine weitere Datenbank ist, in der Ihre Adresse gespeichert wird.
Weitere sinnvolle, hilfreiche und informative Adressen finden Sie im Internet unter:
www.foebud.org
Adresse:
FoeBud e.V.
Marktstraße 18
33602 Bielefeld
www.lfd.niedersachsen.de
Die Aufsichtsbehörde für den Datenschutz des Landes Niedersachsen hat die beste und umfangreichste Informationsseite zu allen relevanten Fragen rund um den Datenschutz.
Hier finden Sie alle Adressen der Datenschutzbehörden der Länder und weitere Links zum Thema.
Kompliment für diese Seite!
Doch auch hier einmal rein zu schauen, kann lohnen: www.aktiv.org/DVD/Themen/payback.html
Westdeutscher Rundfunk, 03. März 2002
Original: http://www.wdr.de/tv/recht/sendung/beitrag/rs2002030301.html