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Punktet der Datenschutz?

Am 3. September 2002 soll es so weit sein: Das Amtsgericht München will seinen Richterspruch zur Klage des FoeBuD e.V. aus Bielefeld verkünden. Hauptdarsteller des Verfahrens: Die Payback-Karte.

Der Verein FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs), der sich bereits seit Jahren kritisch mit der Nutzung von Computern, Datenverkehr und dessen gesellschaftlichen Wirkungen auseinandersetzt, strengte dieses Verfahren an. Er fordert die Einhaltung der Teilnahmebedingungen von den Betreibern des Payback-Karten-Systems. Auch auf der vom FoeBud herausgegebenen 'Privacy-Card' können Punkte gutgeschrieben werden. Diese Karte ähnelt der Payback-Karte, allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Alle Punkte werden einem Konto gutgeschrieben und zwar dem des Vereins FoeBud.

"Sind Sie bereit für den Prämien Hammer des Jahres? Möchten Sie ein Top-Produkt über 35 Prozent günstiger bekommen als der Rest der Welt? Dann auf die Punkte, fertig, los", werben die Payback-Kartenbetreiber. Wer clever sei, sammle jetzt noch ganz schnell viele Punkte. Und: "Zu zweit punkten Sie viel schneller". Wer am 5. September eines der Top-Produkte bekommen möchte, muss mindestens 7.500 Punkte sammeln.

Im Internet-Portal yopi.de nur Positives über Payback. Die Karte sei "sehr praktisch": "Da ich sowieso einkaufen muss, gebe ich kein zusätzliches Geld aus". Trotz dieser bestechend einfachen Logik kommen auch leise Zweifel: "Der einzige Nachteil, den ich bisher festgestellt habe ist, dass man zum sogenannten 'gläsernen Kunden' wird", schreibt Fee_Sarah. Doch im gleichen Moment beschwichtigt sie: "Ich persönlich habe kein Problem damit, denn ich tätige meine Einkäufe ganz gewöhnlich. Also werde ich sicher nicht zu den interessantesten Payback-Punktesammlern gehören."

Die Kundenkarte Payback kann bei jedem Einkauf in diversen Geschäften - beispielsweise Real, Obi, Kaufhof, DEA oder Apollo Optik - vorgelegt werden. Man erhält pro Produkt Punkte, die sich der Kunde später in Geld - 100 Punkte entsprechen einem Euro - oder in eine Prämie umwandeln lassen kann. Heute nutzen über 15 Millionen Verbraucher die Payback-Karte. Nach dem Fall des Rabattgesetzes ist es in Deutschland möglich, Rabattkarten einzusetzen. Doch für die Verbraucher haben die Karten zwei entscheidende Nachteile: Zum einen wird ihnen suggeriert, sie würden mit der Karte besonders günstig einkaufen, zum anderen geben sie damit ihre Konsumdaten preis.

Die PayBack-Karte ist wie die anderen im Umlauf befindlichen Karten auch ein Versuch, Kunden an bestimmte Unternehmen zu binden. Dabei gehen Unternehmen wie die Supermarkt-Kette Real aggressiv vor: Bei nahezu jedem Einkauf wird der Kunde an der Kasse nach der PayBack-Karte gefragt. Wer sich nicht hat, ist finanziell tatsächlich im Nachteil: Er muss erhöhte Preise zahlen, während der PayBack-Kunde 'normale' Preise zahlt - also im Prinzip den Betrag, den er auch bezahlen würde, wenn es die Karten gar nicht geben würde. Die Journalistin Christiane Schulzki-Haddouti zitiert in einem Artikel die us-amerikanische Verbraucherlobby, die regelmäßig Supermärkte beobachtet: zwei mit Rabattkarten, einer ohne. Selbst mit Karte seien die Produkte der Rabattkarten-Supermärkte immer noch 20 Prozent teurer als in dem kartenfreien Supermarkt.

Wie unsicher solche Daten sind, hat jüngst der Skandal um Kundendaten der Lufthansa gezeigt. Die Lufthansa ließ im Gefängnis Glasmoor in Norderstedt abgeflogene Flugscheine von Häftlingen glätten, säubern und sortieren, um die Tickets anschließend zu scannen und abzurechnen. Durch die Hände der Häftlinge gingen auch etliche Miles&More Gutschriften. Nach einem Bericht des 'Hamburger Abendblatts' schmuggelten einige Häftlinge "neben geheimen Daten in großem Stil auch abgeflogene Lufthansa-Tickets aus dem Gefängnis". So gelangten unter anderem Details über eine Reise des Models Claudia Schiffer auf den Daten-Schwarzmarkt, samt der 'geheimen' Nummer ihrer American-Express Karte. Die Ereignisse in der Haftanstalt belegen die Befürchtungen von Datenschützern: Der Handel mit vertraulichen Daten blüht.

Um das Bewusstsein über die Fallstricke der Payback-Karte zu schärfen, hat der Verein FoeBud seit über einem Jahr eine eigene Karte im Umlauf: Sie nennt sich 'Privacy-Card'. Über 1500 Menschen nutzen diese bereits. Diese Karte funktioniert überall dort, wo auch Payback-Karten angenommen werden. Allerdings lassen sich für die Unternehmen keine Konsumprofile erstellen: Alle Punkte aller Privacy-Karten werden dem Verein FoeBud gutgeschrieben. Seit Dezember 2001 bekommt FoeBud keine Punkte mehr gutgeschrieben. Dazu ist nach Ansicht des FoeBud Payback allerdings verpflichtet. Der FoeBud klagt deshalb vor dem Amtsgericht München auf Einhaltung der Teilnahmebedingungen. Am 3. September, nach zweimaliger Verschiebung, will das Amtsgericht das Urteil verkünden. FoeBud setzt auf ein Urteil "pro Verbraucherschutz und Wahrung der informationellen Selbstbestimmung".

Webwecker Bielefeld, 29. August 2002
Original: http://www.webwecker-bielefeld.de/servlet/is/4987/

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