Rudolf Henke, Deutschlands ausgeladenster Talk-Show-Gast, erklärt am 2. Februar im Bunker Ulmenwall, daß UFOs Unfug sind. Und wir enthüllen vorab, daß die Wahrheit noch viel schrecklicher ist.
Es gibt keine UFOs. Jedenfalls nicht in den Akten der Bielefelder Polizei. In deren Pressestelle kann man sich zwar kichern noch erinnern, daß da mal was war vor vieIen Jahren und der Bürger-Kontakt-Mann kriegt auch immer mal wieder einen rätselhaften Anruf- "aber wir schreiben das nicht auf".
Es gibt UFOs. Jedenfalls in den Archiveri der lokalen Medien. Die NW hat sogar einen Extra-Aktenordner für eigene und fremde Flugbeobachtungen angelegt. Der ist zwar dicker als der über Stadtillustrierte, aber er wird ziemlich schlampig geführt. Nichtmal die selbsterhobenen Leser-Augenzeugen-Berichte von der letzten großen Sichtungs-Welle im Dezember 92 sind drin. Damals hielten Dutzende Brackweder die Light-Show einer Discothek für außerirdischen Besuch. Möglicherweise. Rudolf Henke wird das genauer wissen, weil er zusammen mit der Lüdenscheider "Gesellschaft zur Erforschung des UF0-Phänomens (GEP)" den Meldungen nachging. Hoffentlich biszum Bundes-Luftwaffenamt, (las in die 'sein fall ausnahmsweise mal selbst Zeugen befragte. Und bisher kein Ergebnis veröffentlichte. Sehr geheimnisvoll.
Es gibt keine UFOs. Jedenfalls nicht, wenn es nach dem gesunden Menschenverstand und der 3 jahrzehntelangen Feld-Arbeit verschiedener Ungläubigen-Verbände geht. Vom Mannheimer Laien-Club (CENAP, mit den ältesten Rechten am Zweifel) über die GEP (mit steuerlich anerkannter Gemeinnützigkeit) bis zur akademisch besetzten "Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) hat noch niemand, der nciht an UFOs glaubte, beim Zeugen-Befragen und Spuren-Sichern etwas anderes gefunden als Heißluftballone und Schülerstreiche. Während Leute, die UFC)s nicht für ganz unmöglich halten, zwar auch eine Menge Unfug aufgedeckt haben, aber wenigstens ein paar Rätsel übrig lassen. Wie der Physiker Illobrand von Ludwiger und seine deutsche Sektion des internationalen "Mutual UFO Network (MUFON)". Die glauben an Zeitreisen und werden besonders gerne mit Trick-Fotos hereingelegt.
Es gibt UFOs. Jedenfalls in den Köpfen einiger Ostwestfalen. Die in der Gütersloher Turmalin-Gesellschaft versammelten"Lichtarbeiter" etwa stehen seit Beginn der 90er im ständigen spirituellen Kontakt mit einer Art Alien-Schutztruppe (dem Ashtar-Command). Und betreiben inzwischen Deutschlands größten Verlag für einschlägige Erfahrungsberichte ("Das kann natürlich alles erfunden sein", sagt der Chef, aber nur der Glaube rette die Welt.
Lars Ittig etwa hatte am 20.6.1993 ein paar Ufos auf dem Acker, nachdem er, zusammen mit Bielefelds drachenfliegendem Luft-Fotografen Wittig, aus Spaß ein paar der damals modernen Kornkreise gefälscht hatte. E.T. kam wohl, um die Rechtschreibung der kosmischen Piktogrammezu prüfen - und kam niemals wieder. Der Kornkreis von Wulferdingsen aber kam in Wittigs 95er Luftbild-Kalender. Ende 96 brachte dann Alfons Drothen aus Espelkamp, der noch kein eigenes gesellen bat, sein "Ufos über Deutschland" heraus. Diese komplett vorn Schreibtisch aus montierte Zusammenstellung älterer Bericht(" wurde auf dem weg zu uns allerdings von mittelgroßen grauen Männchen in gelben Paket-Wagen entführt, so daß wir nicht sagen können, ob der international bekannte Vorfall von 1979, als es über ganz Bielefeld brummte und zischte. Mit der Folge, daß das "Leopoldshöhe-UFO" beiden Halb-Skeptikern der MUFON als 99% Treffer gewertet wird. Sie waren da, sagten aber nichts.
Es gibt keine UFOs, sagen die Skeptiker dagegen immer wieder. Weil die Spritkosten einfach züi himmelhoch wären, weil sich alle Sichtungen mehr nach psychologischen als nach physikalischen Gesetzen richten, weil selbst mehrere Prozent Rätsel-Reste gar nichts bedeuten und weil das Phänomen sich in so unterschiedliche Bereiche auswächst, daß es vermutlich eh mehr als eines ist. Es gibt allerlei seltsame Sachen am Himmel natürlich. Es gibt auch allerlei noch viel seltsamere Erzählungen von Entführungen durch Außerirdische. Und es gibt ehemals renommierte Psychiater, die inzwischen Entführungs-Erlebnisse, Kindes-Mißbrauch und Energie-Esoterik so undurchschaubar - und in der Regel zum eigenen kommerziellen Vorteil-verquirlen, daß jeder echte Alien, der einfach nur aus Neugier vorbeikäme, inzwischen ein schlagender Gegenbeweis wäre. Und der Spaß am Spintisieren langsam in Schrecken umschlägt, über echte Schäden an den zur Entführungs-Erinnerung verführten.
Es gibt UFOs, sagten allein im letzten Jahr Dutzende von Talk-Show-Opfern auf' allen Kanälen (bei Arabella, Fliege, Meiser, Schäfer, Schreinemakers etc.). Aber auch bei ARD und ZDF flogen die Untertassen, etwas seriöser zwar, aber auch mit vielen Emotionen. Und fast überall wurde Rudolf Henke zum Kritisieren ein- und kurz vor der Landung wieder ausgeladen. Teils weil seine trockene Skepsis nichts ins subjektive Konzept paßte, teils weil es prominentere UFO-Anhänger strikt ablehnen, mit Henke ein Studio zu teilen, teils auch, weil manche Kritiker sich uneins sind über den rechten Umgang mit dem Unerklärlichen.
Es gibt keine UFOs, sagen die UFOs selbst. Jedenfalls die Mitglieder der "Unabhängigen Flugbegleiter Organisation", einer Art StewardessenGewerkschaft. Die hatten zwar bei der Namenswahl Humor, tratschen zuweilen auch gerne seltsame Luftbegegnungen herum, lehnen aber eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema ab.
Auch deshalb wird wohl kein UFO am 2. Februar in Bielefeld vorbeikommen, um sich ab 15 Uhr und auf' Einladung des örtlichen Datenverkehrs-Vereins FoeBuD im Bunker Ulmenwall erklären zu lassen, warum es zwar jede Menge zu erklären gibt- aber wenigstens keine UFOs.
WING
Ultimo, 27. Januar 1998