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Quasseln ohne Strippe

Von Ariana Mirza

Telekommunikations-Tueftler Winrich Hoseit (rechts) Dem verheißungsvollen Lockruf "Kostenlos telefonieren!" konnten auch Vertreter namhafter Telekommunikations-Unternehmen nicht widerstehen. Wen wundert's: Winrich Hoseit stellte beim Bielefelder Verein FoeBud" ein neuartiges Netzsystem vor, das das gesamte Komniunikationswesen revolutionieren könnte.

Die Idee des Kölner Erfinders ist so einfach wie zündend: Ein Funknetz soll das verkabelte Telefonnetz ablösen. Ähnlich dem Tele Internet-Prinzip sollen die Tele von Station zu Station durch dieses Netz geleitet werden. Der Jurist und Betriebswissenschaftler Winrich Hoseit verdankt seine bahnbrechende Idee, wie er dem erstaunten Publikum verrät, in erster Linie einem Hobby aus Kindertagen. Hoseits frühe Leidenschaft, das Amateurfunken, bildet den Ausgangspunkt seiner Überlegungen.

Eine Funkverbindung kostet nichts

So wie jede Funkstation gleichzeitig Sender, Empfänger und Relais-Station (Übermittler) ist, so so 11 auch jeder (Telefon-)Anschluß in Hoseits Konnzept diese drei Funktionen übernehmen. Inwiefern kann denn ein solches System die horrende Telefonrechnung senken? Diese Frage schwirrt zumindest den Laien unter den Zuhörern durch den Kopf Nun ganz einfach, erklärt Winrich Hoseit, die Funkverbindung koste nichts. Denn im Gegensatz zum bisherigen System fielen die kommerziellen zentralen Schaltstellen, die sogenannten Carrier, die ihr Gespräch an den gewünschten Anschluß weiterleiten, einfach weg.

"Sie müssen auch die Benutzung der Telekomkabel nicht bezahlen fügt er hinzu, "denn Sie nehmen diese für ihre Verbindung ja gar nicht mehr in Anspruch." Kosten entstünden einzig durch das Mieten des Apparates, der die Teilnahme am neuen Netz ermöglicht. Diese intelligente Maschine wird für 49,90 Mark Monatsgebühr bei jedem Interessenten installiert.
Alle alten Gerätschaften, wie Telefon, Computer oder Fax können weiterhin wie gewohnt benutzt werden, nur die Buchse ändert sich. im Klartext heißt das, für 50 Mark im Monat kann rund um die Uhr telefoniert, gefaxt und im Internet gesurft werden.
Doch jetzt rückt der Fachmann mit den Schwierigkeiten seines Konzeptes heraus: Zuerst einmal gilt es, das "DIRC" (Digital Inter Relay Communication)-Netz aufzubauen. Das heißt, es müssen flächendeckend Teilnehmer für das alternative Telefonnetz geworben werden.

Der Radius bis zur nächsten "DIRC"-Station - einem vernetzten Teilnehmer - darf fünf Kilometer nicht überschreiten, da sonst die Übertragungskanäle über Funk zu störanfällig wären. Fernverbindungen in an. dere Regionen sollen allerdings über Hunderte von Kilometern durch Lichtwellenleiter hergestellt werden. Einen weiteren, wenn auch kleineren Knackpunkt stellt das Telefonat mit einem nicht ans "DIRC"-Netz angeschlossenen Gesprächspartner dar. Wer beispielsweise die "nichtvernetzte" Oma in München anruft, kann über "DIRC" zwar kostenlos die Fernverbindung herstellen. Doch für das Gespräch muß der Ortstarif an die Telekom gezahlt werden, da der Anrufer ins konventionelle Münchner Telekom-Netz eingespeist wird.

Daß "DIRC", das preiswerte Kornmunkationsmodell, technisch machbar und praktisch durchführbar ist, hat sich Winrich Hoseit in Wirtschaftsstudien und von diversen Universitäten bestätigen lassen. Selbst die Strahlenbehörde äußert sich zufrieden über die geringe Umweltbelastung durch ein "DIRC"-Netz. Drei Patente sind angemeldet, zahlreiche namhafte Firmen haben Interesse bekundet. Ein Hardware-Hersteller fertigt bereits Prototypen der "intelligenten" Endgeräte, die im Hinstalliertaushalt installiert verden sollen, Ein erster großflächiger Feldversuch wird dem ' nächst in Afghanistan stattfinden, einem Land, dessen konventionelles Kabeltelefonsystem durch den Krieg weitgehend zerstört wurde. Innerhalb der nächsten vier Jahre will Hoseit das System dann auch in Deutschland etablieren und irgendwann in naher Zukunft sogar weltweit.

Hoseit überzeugt auch Skeptiker

Nach Hoseits mit technischen Details gespicktem, dreistündigem Vortrag, sind auch die skeptischsten Zuhörur überzeugt. Eine Zuhörerin erkundigt sich nach Aktienbeteiligungen, und schließlich stellt jemand eine höchst prekäre Frage: "machen Sie sich keine Feinde, Herr Hoseit? Fürchten Sie nicht hin und wieder um ihre Gesundheit?" Da lächelt der findige Tüftler und erwidert nur: "Das gleiche hat mich neulich im Fahrstuhl einer großen Bank schon einmal jemand gefragt!"

Weitere Informationen zu "DIRC" gibt es unter http://www.foebud.org.
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Neue Westfälische, 20. Juni 1998

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