12.6.97StadtBlatt
Der Einsatz von Verschlüsselungsprogrammen - besonders Pretty Good Privacy (PGP) - hat für Linksextremisten an Bedeutung gewonnen." Markige Worte im Verfassungsschutzbericht 1996 - was kein Wunder ist, da mit Pretty Good Privacy erstmals ein Programm die elektronische Kommunikation lückenlos abhörsicher macht. Was den Bundesinnenminister besonders ärgert: auch für staatliche Stellen ist kein Zugriff möglich.
Ein wachsendes Sicherheitsbedürfnis in den Netzen hat dazu geführt, daß PGP sich in den letzten Jahren rasant verbreitet hat. Ein Sicherheitsbedürfnis mit konkretem Hintergrund: Alle Daten durchlaufen auf ihrem Weg durch das Internet zahlreiche Rechner. Auf diesen können sie theoretisch gelesen oder sogar mit Computerhilfe automatisch nach bestimmten Schlüsselbegriffen durchsucht werden. Eine e-Mail bietet damit im Netz etwa so viel Privatsphäre wie eine Postkarte auf dem normalen Postweg.
Bildlich gesprochen ermöglicht PGP, e-Mail durch einen Briefumschlag vor neugierigen Blicken zu schützen. Und das Programm bietet gegenüber herkömmlicher Verschlüsselungssoftware noch einen weiteren Vorteil: Es arbeitet mit zwei Schlüsseln. Andere Software verlangt, daß zwei Personen erst einmal auf sicherem Weg einen Schlüssel austauschen, mit dem sie dann ihre Nachrichten ver- und entschlüsseln können. Das Netz selbst scheidet für diesen Austausch aus, was den Kreis der Anwender automatisch beschränkt.
PGP dagegen arbeitet mit einem privaten und einem öffentlichen Schlüssel. Der öffentliche Schlüssel kann an beliebig viele Personen vergeben werden. Diese können ihn zum Verschlüsseln einer Nachricht benutzen, die nur vom Empfänger mit dem privaten Schlüssel wieder entschlüsselt werden kann. Wer jemand anderem eine verschlüsselte Nachricht schicken will, muß ihn deshalb nicht einmal kennen. Dies macht Verschlüsselung reif für die massenhafte Anwendung.
Auch wenn die von PGP verwendeten Algorithmen derzeit als unknackbar gelten, besaß das Programm lange Zeit eine wesentliche Schwäche: Die Benutzung erschien vielen Laien als zu aufwendig und unverständlich. Ein nicht haltbarer Zustand, wie die Mitglieder des Bielefelder Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD) fanden.
Weshalb die FoeBuD-Mitglieder Abel Deuring und Christopher Creutzig das PGP-Handbuchs übersetzten: "Wir möchten erreichen, daß dieses Programm nicht nur möglichst weit verbreitet, sondern auch angewendet wird." Der hauseigene Verlag der Netzwerker aus der Marktstraße veröffentlicht nun die dritte Auflage des Handbuches. Teil des Buches ist eine CD-ROM mit der aktuellen PGP-Version für zahlreiche Betriebssysteme und weiteren nützlichen Bedienungshilfen.
Nicht zuletzt versteht der FoeBuD seinen Einsatz für PGP als eine politische Aktion für elektronische Bürgerrechte. Ganz konkret sollen Zustände verhindert werden, für die das PGP-Handbuch konstatiert: "Wenn Privatsphäre zum Gesetzesbruch wird, werden nur Gesetzesbrecher Privatsphäre genießen können."