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Bundesrat kassiert neues Meldegesetz / Gegner legten fast 200.000 Unterschriften vor

Der Streit um das geplante neue Meldegesetz hält an. Zwar lehnte der Bundesrat die Vorlage am Freitag in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause mehrheitlich ab. Auch unionsgeführte Länder stimmten mit Nein. Dennoch wollte das Bündnis "Meine Daten sind keine Ware" auf Nummer Sicher geben. Am Morgen übergaben die Aktivisten insgesamt 196.278 Unterschriften an den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) als Vertreter der Länderkammer. Immerhin erwarten Beobachter, daß interessierte Lobbyisten weiter Druck für eine Lockerung der Datenregelung im Meldegesetz machen.

In dem bisherigen Entwurf des Meldegesetzes ist vorgesehen, daß persönliche Daten ohne Einwilligung der Betroffenen an Unternehmen weitergegeben werden können. Kritiker sehen darin dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet. Zwar müßten die Unternehmen ihrerseits Genehmigungen bei den betroffenen Bürgern einholen, um Daten zu erhalten. Allerdings befürchtet etwa die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbz), daß dieser Schutz in der Realität kaum wirksam ist. "Die Vorstellung, daß Meldebehörden die Rechtmäßigkeit jeder vermeintlichen Einwilligung überprüfen könnten, ist utopisch," ärgerte sich vzbz-Vorstand Gerd Billen vor der Sitzung des Bundesrates.

Für besonderen Unmut sorgte zudem, daß das neue Meldegesetz im Bundestag quasi unter dem Radarschirm verabschiedet wurde. Die entsprechende Abstimmung fand während des Europameisterschafts-Halbfinalspiel Deutschland – Italien im Juni statt; nur wenige Abgeordnete waren überhaupt anwesend. Insgesamt winkte der Bundestag das Meldegesetz innerhalb von rund einer Minute schlicht durch.

Die Gegner des neuen Meldegesetzes – darunter neben dem vzbz das Kampagnennetzwerk Campact, die Organisation FoeBuD e.V. und die Deutsche Vereinigung für Datenschutz – forderten vor der Entscheidung des Bundesrates dagegen erneut eine sog. "Opt-In"-Regelung. Demnach dürften Daten nur dann weitergegeben werden, wenn Bürger dem ausdrücklich bei den Meldebehörden zustimmen. "Bürger sind verpflichtet, ihre Adresse den Behörden zu melden. Deshalb haben sie ein Recht auf den wirksamen Schutz dieser Daten. Ohne Einwilligung dürfen Daten nur herausgegeben werden, wenn ein nachweisbar rechtliches Interesse besteht", erklärte Rena Tangens vom FoeBuD.

Zumindest offiziell sind auch CDU und FDP – die das Meldegesetz im Juni durch den Bundestag brachten – inzwischen von der Vorlage abgerückt. Die Ablehnung im Bundesrat sehen sie als Möglichkeit, den eigenen Fehler wieder zu beheben.

Die Debatte um ein Meldegesetz dürfte mit dem Nein des Bundesrates kaum vom Tisch sein. Immerhin sollen Kommunen nach Angaben des "Spiegel" schon heute Millionen durch den Verkauf von Daten verdienen. So etwa Wuppertal und Mannheim, die jeweils rund 1,5 Millionen Euro eingenommen haben sollen. Der Handel verläuft dabei anscheinend so schwunghaft, daß das Ausmaß demnach nicht einmal in allen Kommunen erfaßt wird. Bereits das aktuell gültige Meldegesetz läßt eine Reihe von Möglichkeiten zu, Adressen weiterzugeben. Auch ohne Einwilligung der Betroffenen.

Heiko Wenzel

Berliner Umschau Ltd, Berlin, 21. September 2012
Original: http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=63452&title=Bundesrat+kassiert+neues+Meldegesetz+%2F+Gegner+legten+fast+200.000+Unterschriften+vor&storyid=1001348224731

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