Keine Entfernung strafbarer Inhalte aus dem Internet, aber Aufbau einer potenziellen Zensurinfrastruktur bemängelt
Die Bürgerrechts- und Datenschutzorganisation FoeBuD e.V. ruft zur Unterzeichnung einer Verfassungsbeschwerde gegen Internetsperren auf:
Alle politischen Initiativen, das sogenannte Zugangserschwerungsgesetz aufzuheben, seien bisher erfolglos geblieben. Betroffen seien alle Internetnutzer, denen damit der freie Zugang zu Informationen verwehrt werden könnte, Websitebetreiber, die befürchten müssten, dass ihre Website versehentlich auf eine Sperrliste komme, und Internet-Service-Provider, die gesetzlich gezwungen seien, die Netzsperren umzusetzen.
Alle Betroffenen könnten sich bis zum 12. Februar 2011 an der Verfassungsbeschwerde gegen die drohende Internetzensur beteiligen - sie müssten dafür nur ein Formular ausfüllen und ausgedruckt an den FoeBuD senden, der die Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichen werde. Die Teilnahme an der Verfassungsbeschwerde sei kostenfrei - zur Finanzierung wird aber um Spenden gebeten.
Das „Zugangserschwerungsgesetz“ verlange den Aufbau einer technischen Infrastruktur, die es ermögliche, beliebige „unerwünschte“ Inhalte zu blockieren; damit werde Zensur möglich. Es bestehe gar ein erhebliches Risiko, dass Websites gesperrt würden, die gar kein strafbares Material beinhalteten; dies zeigten die Erfahrungen aus anderen Ländern. Durch Netzsperren verschwinde kein strafbarer Inhalt aus dem Internet - die strafbaren Inhalte blieben unverändert online. Computerkundige Kriminelle könnten die Blockaden leicht umgehen. Netzsperren seien kein sinnvoller Beitrag zur Bekämpfung der Missbrauchsdarstellungen. Im Gegenteil - Täter würden durch Netzsperren gewarnt, Ermittlungen der Polizei dadurch vereitelt.
Das Sperren wird zur Zeit nicht vollzogen, weil das Bundesministerium des Inneren durch einen - in dieser Form eindeutig rechtswidrigen, so der FoeBuD e.V. - Nichtanwendungserlass das BKA angewiesen hat, vorerst keine Sperrlisten von Websites zu führen. Letztlich müsse aber jederzeit damit gerechnet werden, dass das Gesetz doch vollzogen wird, zumal die großen Internet-Provider die technischen Voraussetzungen bereits geschaffen haben. Mit dieser Verfassungsbeschwerde will der FoeBuD e.V. nach eigenen Angaben den Aufbau einer Zensurinfrastruktur für das Internet stoppen - das „Zugangserschwerungsgesetz“ müsse zurückgenommen werden!
datensicherheit.de, Berlin, 17. Dezember 2010
Original: http://www.datensicherheit.de/aktuelles/foebud-ev-aufruf-zur-mitzeichnung-einer-verfassungsbeschwerde-gegen-internetsperren-14043