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Leihsystem läuft - Datenschützer warnen: Technik redet wie ein Buch

Lünen. Das neue Ausleihsystem, das die Stadtbücherei seit Donnerstag nutzt, soll ab 24. Februar längere Öffnungszeiten ermöglichen. Datenschützer warnen vor der Technik - denn sie kann reden wie ein Buch.

Durch eine Sicherheitsschleuse, wie man sie aus Kaufhäusern kennt, betreten Besucher jetzt die Stadtbücherei. Das Gerät kann nach Auskunft von Dirk Schagen, der die Technik für eine Spezialfirma installiert, zum Beispiel Personen zählen und Alarm schlagen, wenn Bücher oder andere Medien das Haus ohne Registrierung verlassen. Die Ausleihe und Rückgabe übernehmen die Besucher ab sofort selbst. Zwei Automaten im Eingangsbereich ersetzen den Schalter, der auf Schreibtischgröße geschrumpft ist. "Die Mitarbeiterin dort muss sich nur noch um Sonderfälle wie Mahngebühren kümmern", erklärte Stadtbücherei-Leiterin Monika Hauptmann gestern bei der Vorstellung.

"Die durch die Automatisierung gewonnene Arbeitszeit wandeln wir in Öffnungszeit um", sagt Bürgermeister Hans Wilhelm Stodollick. Wegen Sparmaßnahmen hatte die Stadt im Jahr 2000 die Öffnungszeit von 35 auf 18 Stunden zusammengestrichen sowie vier von acht Stellen in der Stadtbücherei gestrichen. Dienstags, donnerstags und freitags ist die Einrichtung künftig von 10 bis 18 Uhr geöffnet, samstags bleibt es bei 10 bis 13 Uhr. Zuvor war das Haus an zwei Tagen mittags und an einem Tag vormittags geschlossen. "Wir sind sehr erleichtert über die erweiterten, übersichtlichen Zeiten", so Monika Hauptmann. "Das haben viele Nutzer in der Vergangenheit kritisiert."

Die Umrüstung kostet nach Auskunft Stodollicks 98 000 Euro, das Land habe sich über eine Fördermaßnahme mit 43 500 Euro daran beteiligt.

Für das neue System durchforsteten die Mitarbeiterinnen den Bestand. "Wir haben kräftig aussortiert und uns von 10 000 alten Medien getrennt", erzählt Monika Hauptmann. Die restlichen 60 000 Bücher, CDs und DVDs wurden mit einem Chip ausgestattet.

Identifizierung über Radiowellen ist umstritten

Dieses kleine "RFID-Etikett" hat es nach Meinung von Datenschützern in sich. Die "Radio Frequency Identification", die Identifizierung über Radiowellen, ist umstritten, da die Übertragung von Signalen unbemerkt geschieht. Geschützt sind Daten aber nur, wenn man selbst entscheiden kann, ob man sie herausgibt.

So werden auch die alten Stadtbüchereiausweise mit Barcode, mit denen das neue System bedient werden kann, für sicherer gehalten, da sie nicht angefunkt werden können. RFID-Ausweise mit Speicherchip sind aber bestellt.

Der Bielefelder Datenschutzverein FoeBuD macht mit seiner Kampagne "Stop RFID" auf die Gefahren des Systems aufmerksam. "Sobald Sie Ausweise oder Bücher mit RFID-Chip mit sich herumtragen, kann jedes Lesegerät die darauf gespeicherten Informationen auslesen", erklärt padeluun, Vorstandsmitglied mit Künstlernamen. Zwar haben sich die öffentlichen Bibliotheken in Deutschland verbindlich auf ein datenarmes Modell für die Speicherung auf RFID-Chips geeinigt (enthalten sind in Medien die Nummer und die Angabe entliehen/nicht entliehen, Kennung der Bücherei und Länderkennung für Deutschland). Der Weg zur persönlichen Zuordnung und schließlich zum Anlegen eines Bewegungsprofils ist aber nach Meinung des FoeBuD-Vertreters nicht weit.

Zusatzfunktionen der RFID-Technik machen die Problematik deutlich: mit einem kleinen Gerät kann man zum Beispiel an einem Regal entlangfahren und per Signal herausfinden, ob ein Buch an der falschen Stelle steht. Dirk Schagen versichert, dass die Frequenz, mit der die Bücherei-Chips angefunkt werden, für Bibliotheken reserviert und somit sicher sei. Das bezweifelt padeluun: "Es gibt keine Sicherheit beim Funk."

Jutta Wieloch

Der Westen Online, Essen, 30. Januar 2009
Original: http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/luenen/2009/1/30/news-108898814/detail.html

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