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Vorratsdatenspeicherung von Arbeitnehmerdaten

Rena Tangens zu Elena

Der Bielefelder Bürgerrechtsverein FoeBuD macht Front gegen den elektronischen Entgeltnachweis – kurz Elena. Die Vorsitzende, Rena Tangens, über die Massen-Verfassungsbeschwerde.

Wie schon bei der Vorratsdatenspeicherung reicht der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD) eine Verfassungsbeschwerde gegen das staatliche Großprojekt ein. Noch bis zum 29. März können sich Interessenten beim FoeBuD melden, um sich an der Verfassungsbeschwerde zu beteiligen.

FOCUS Online: Wie geht die Arbeit voran?

Rena Tangens: Es ist Wahnsinn. Ich habe vorher nicht gedacht, dass wir es innerhalb dieser kurzen Zeit schaffen würden, so viele Leute anzusprechen. Innerhalb einer Woche haben sich über 25 000 Leute bei uns eingetragen, über 23 000 davon haben schon die Vollmacht heruntergeladen. Inzwischen haben wir auch schon 25 Kisten mit Briefen bekommen, die wir gerade einscannen. Das ist notwendig, da das Bundesverfassungsgericht natürlich nur Originalunterschriften auf Papier anerkennt.

FOCUS Online: Wie sinnvoll sind Massenklagen vor dem Bundesverfassungsgericht? Würde nicht ein Beschwerdeführer ausreichen?

Tangens: Selbstverständlich würde eine Person genügen, die von der Regelung betroffen ist. Diese Massen-Verfassungsbeschwerde ist eher ein politisches Signal. Starke Beteiligung zeigt, dass die Bevölkerung dieses Projekt nicht will. Und ich denke, auch die Richter in Karlsruhe werden das zur Kenntnis nehmen.

FOCUS Online: Was stört die Leute besonders an Elena?

Tangens: Ich glaube, Elena ist ein weiteres Mosaiksteinchen einer weitreichenden Entwicklung. Wir werden eingekreist von Daten, die über uns erhoben werden. Vom Telefonieren über das Reisen bis hin zum Einkaufen – alles wird heute registriert. Und man merkt inzwischen das Unbehagen der Menschen, die sich nicht mehr unbeobachtet bewegen können. Ich glaube auch, dass diese Entwicklung einem freiheitlichen Rechtsstaat widerspricht.

FOCUS Online: Ist Elena also ein Symbol, das bekämpft werden soll?

Tangens: Sicher ist es auch ein Symbol, es gibt aber auch sehr konkrete Vorbehalte gegen Elena. Dass der Staat minutiös wissen will, wie viele Stunden ich im Monat gearbeitet habe, dass er die Fehlzeiten – ob Urlaub, Krankheit oder Streik – genau erfasst, daran sieht man, wie die Datensammelwut entarten kann. Ursprünglich mag das alles gut gemeint gewesen sein. Aber man sieht: Wenn eine solche Datensammlung erst einmal begonnen wird, haben viele Leute plötzlich neue Ideen, was man mit diesen Daten denn noch anfangen könnte. Im Endeffekt können in den Datenbanken dann sehr subjektive Eintragungen stehen, die bedeuten, dass ein Mensch keine Arbeit mehr bekommt – zum Beispiel wenn dort verzeichnet ist, dass jemand Betriebsrat war oder ein chronisch krankes Kind pflegen muss.

FOCUS Online: Die Politik versichert, dass die Arbeitgeber nicht an solche Daten gelangen sollen.

Tangens: Das ist gerade das Problem: Die Datensammlung wurde angefangen, und wir können nicht sicher sein, in wessen Hände die Daten später geraten. Da ist Misstrauen wirklich angebracht. In fünf Jahren könnte die Bundesregierung zum Schluss kommen, dass die Arbeitsvermittlung nicht gut genug klappt und dass man die Daten den Arbeitgebern zur Verfügung stellen sollte. Das ist heute natürlich nicht zulässig. Aber wer garantiert uns, dass dies auch in Zukunft so bleibt?

Torsten Kleinz

Focus Online, München, 25. März 2010
Original: http://www.focus.de/digital/computer/tid-17702/rena-tangens-zu-elena-vorratsdatenspeicherung-von-arbeitnehmerdaten_aid_492517.html

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