Arbeitgeber dürfen ab 1. Juli die Datenlieferung an Elena kurzzeitig stoppen. Zumindest in einem Punkt, wie FOCUS Online erfuhr. Der Ärger über Deutschlands größte Datenbank bleibt indes bestehen.
Beinahe hätte Stufe zwei gezündet. Dann hätte Elena, kurz für Elektronischer Entgeltnachweis, die größte und umstrittenste Datenbank nach der vorläufig gestoppten Vorratsdatenspeicherung von Telefondaten, auch Interna aus der Personalabteilung im Falle einer Kündigung erfahren. Neben den Angaben zu Gehalt, Sozialabgaben und Fehlzeiten eines jeden Angestellten, die dort bereits zentral abgelegt werden, versteht sich. Dabei hätte die Datenbank nicht nur Art, Dauer und Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses festgehalten, sondern auch die Gründe, warum einem Mitarbeiter gekündigt wurde, welche Zahlungen noch ausstehen, wie hoch der Resturlaubsanspruch ist und welche Abfindung gezahlt wurde.
Grund ist eine weitgehend unbekannte Vorschrift in der Elena-Datensatzverordnung vom 27. Februar 2010. Danach hätten Arbeitgeber neben entgeltbezogenen Daten auch Details zu einer Kündigung, etwa Abfindungshöhe und Kündigungsgründe, an den Zentralrechner melden müssen.
Wie FOCUS Online nun aus dem zuständigen Bundesarbeitsministerium erfuhr, soll es rechtzeitig vor Inkrafttreten eine Änderung des technischen Ablaufs geben.Danach sind Arbeitgeber nicht verpflichtet, ab Juli diese speziellen Kündigungsdaten zu melden und müssen die entsprechenden Freitextfelder der Datenbank freilassen.
Die Befreiung gilt bis 31. Dezember 2010. Dennoch übermittelte Daten werden laut Ministerium als fehlerhaft zur Korrektur an den Arbeitgeber zurückgesandt, sodass Arbeitgeber die Daten zwar melden können, der Zentralrechner die Daten jedoch nicht annimmt. Haben Arbeitgeber schon vor dem 1. Juli Kündigungsinterna an Elena gemeldet, werden die entsprechenden Bausteine zum 1. Juli gelöscht. Nach derzeitigem Stand sollen auch in der neuen Software-Version von Elena zum Jahresende keine entsprechenden Bausteine mehr vorhanden sein.
Trotz der Änderung ist und bleibt Elena die wohl größte Datensammlung des deutschen Staats. Elena ist ein Datenpool mit Arbeitnehmerdaten wie Lohn, Sozialabgaben, Steuerklasse, Familienstand, Fehl- oder Urlaubszeiten. Seit Januar 2010 sammelt ein Zentralrechner der Deutschen Rentenversicherung in Würzburg Daten rund um den Job – von mehr als 40 Millionen Arbeitnehmern und Beamten. Von Januar bis April wurden 70,9 Millionen Datensätze erfasst. Gespeist wird der Pool von den Arbeitgebern, die über ihre Lohn- und Gehaltssoftware die Daten verschlüsselt an den Rechner senden. Ein Ausspähen von Daten soll durch zwei Verschlüsselungen unmöglich sein.
Ziel der Sammlung ist eine Arbeitserleichterung für Sozialbehörden und Arbeitgeber. Beantragen Arbeitnehmer Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Wohn- oder Elterngeld, sollen die Behörden ab 2012 die notwendigen Daten aus dem Datenpool ziehen können, statt wie bislang, Bescheinigungen über Lohn- und Sozialabgaben des Arbeitgebers in das Rechenprogramm eintippen zu müssen.
Kritiker sehen jedoch in der Datenbank eine unnötige Speicherung persönlicher Daten auf Vorrat, die ähnlich wie das Sammeln von Telefonverbindungsdaten gegen das Grundgesetz verstößt. Da die Daten auch dann gesendet werden, wenn der betreffende Mitarbeiter keine Sozialleistungen beantragen kann oder, wie im Falle Beschäftigter des öffentlichen Dienstes, darf. Eine Massenverfassungsbeschwerde von über 22 000 Arbeitnehmern, Richtern, Soldaten und Beamten gegen Elena ist bereits beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Ein Entscheidungstermin ist aber noch nicht bekannt.
Die verantwortlichen Ministerien für Arbeit und Wirtschaft überprüfen derzeit das Elena-Verfahren darauf, welche Daten wirklich notwendig sind. Eine generelle Verfassungswidrigkeit sehen Ministerien wie die Deutsche Rentenversicherung Bund, die ab 2015 als zweite Stelle neben den Sozialbehörden auf den Datenpool Zugriff haben soll, nicht. Sobald die Prüfung abgeschlossen ist, sollen Details zum weiteren Umgang mit Elena bekannt gemacht werden.
Michaela Hutterer
Focus Online, München, 29. Juni 2010
Original: http://www.focus.de/finanzen/news/elektronischer-entgeltnachweis-elena-bekommt-weniger-daten_aid_524354.html