FoeBuD e.V.  ·  Marktstraße 18  ·  D-33602 Bielefeld
http(s)://www.foebud.org  ·  foebud@bionic.zerberus.de

Datenschutz braucht Neustart

Rena Tangens vom Verein Foebud über die Datensammelwut von Unternehmen und Staat und was man dagegen tun kann.

FR: Frau Tangens, haben Sie der Telekom diese Auswertung von Verbindungsdaten zugetraut?

Rena Tangens:Jederzeit. Und das traue ich nicht nur der Telekom zu, sondern jedem anderen Unternehmen, das an ähnliche Daten herankommt.

FR: Sind unsere Daten jetzt noch sicher?

Rena Tangens: Das kann man so allgemein nicht sagen. Man sollte keine Paranoia bekommen, aber wir sollten uns ganz grundsätzlich klar machen: Sobald Datensammlungen da sind, ist auch immer das Potenzial gegeben, dass diese Daten missbraucht werden.

FR: Sollten Telekom-Kunden ihren Anbieter wechseln?

Rena Tangens: Ich halte es nicht für sinnvoll, den Anbieter zu wechseln, weil es keinerlei Garantie gibt, dass es bei irgendeinem anderen Anbieter anders ist.

FR: Wie kommt es zu dieser Sammel- und Auswertungswut bei den Unternehmen?

Rena Tangens: Ich würde sagen, das liegt an einem schwindenden Rechtsbewusstsein bei den Unternehmen. In dem Sinne: Warum sollten wir Daten, die wir schon mal haben, nicht auswerten. Ein ähnlich schwindendes Rechtsbewusstsein können wir aber auch beim Staat verzeichnen. Wir müssen dabei nur an den Bundesnachrichtendienst, den Lauschangriff oder Onlinedurchsuchungen denken. Daran, dass entsprechende Praktiken durchgeführt wurden, auch ohne dass eine gesetzliche Grundlage dafür vorlag.

FR: Was können die Kunden jetzt tun?

Rena Tangens: Sie können darauf achten, dass sie möglichst wenig Daten zur Verfügung stellen. Also keine Daten, die mit dem tatsächlichen Geschäft nichts zu tun haben. So ist etwa das Geburtsdatum völlig überflüssig, wird aber immer wieder abgefragt, weil das für die Werbung interessant ist. Sie können außerdem den Passus in Verträgen streichen, der eine Weitergabe von Daten erlaubt. Wir sollten aber nicht nur als Konsumenten, sondern auch als Bürger reagieren. Zum Beispiel unseren Bundestagsabgeordneten klar machen, was für ein Desaster sie mit der Vorratsdatenspeicherung beschlossen haben. Diese Gesetzgebung öffnet Tür und Tor für einen Missbrauch wie bei der Telekom.

FR: Welche Konsequenzen müssen nun aus der Affäre gezogen werden?

Rena Tangens: Zum einen muss das Bewusstsein der Bevölkerung geschärft werden, dass Firmen oder der Staat bestehende Gesetze nicht unbedingt einhalten. Deshalb geht es darum mit den eigenen Daten entsprechend vorsichtig umzugehen. Zum anderen gilt es, politisch Einfluss zu nehmen, dass die Macht über Daten nicht zur Machtausübung über Menschen eingesetzt wird.

FR: Aber wie können wir das Rad wieder zurückdrehen?

Rena Tangens: Der Datenschutz braucht einen Neustart. Wir fordern die Legalisierung von Datenbanken. Das heißt, alles was bisher gesammelt wurde, muss gelöscht werden. Und Datenbanken dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Betroffenen wieder aufgebaut werden. Das wäre die Radikalforderung.

Frankfurter Rundschau, 26. Mai 2008
Original: http://www.fr-online.de/top_news/?sid=67d63a0e941057bbee1704774a0f1f6f&em_cnt=1340342

© WWW-Administration, 26 Jun 08