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Karlsruhe soll Volkszählung kippen

Bürgerrechtler wollen erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Volkszählung 2011 kippt. Am Freitag gaben Mitglieder des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung ihre Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ab

Bürgerrechtler wollen erreichen, dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Volkszählung 2011 kippt. Am Freitag gaben Mitglieder des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung ihre Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ab. Vier exemplarisch ausgewählte Beschwerdeführer sehen durch die geplanten Erhebungen Datenschutz und Datensicherheit in großer Gefahr. Zusammen mit dem 50-seitigen Schriftsatz wurde eine Unterschriftenliste eingereicht, in der 13000 Anhänger des Aktionsbündnisses gegen die Vorratsdatenspeicherung die Verfassungsbeschwerde namentlich unterstützen.

Anders als bei früheren Volkszählungen werden beim Zensus 2011 keine flächendeckenden Erhebungen gemacht, sondern bestehende Datensätze zusammengeführt. Zusätzlich werden zehn Prozent der Bevölkerung befragt. Hauptkritik ist dabei die Identifikationsnummer, die den Datensätzen zugeordnet wird. „So sind die Daten der Volkszählung 2011 in den ersten vier Jahren über eine eindeutige Personenkennziffer zuzuordnen“, meint Rechtsanwältin Eva Dworschak (Bremen), die die Verfassungsbeschwerdeführer in Karlsruhe vertritt. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch in seinem ersten Volkszählungsurteil von 1983 die Zuordnung personenbezogener Daten durch eine Ordnungsnummer ausdrücklich untersagt.

Konkret wird die Datensammlung der Einwohnermeldeämter und der Bundesagentur für Arbeit zusammengeführt und dann mit einem neu erstellten Wohnungsregister verbunden. Hierzu müssten auch alle Haus- und Wohnungsbesitzer detaillierte Angaben über ihr Eigentum machen.

Der Zensus soll im Mai 2011 erfolgen. Das Zensusgesetz selbst war noch unter der großen Koalition im Jahr 2009 verabschiedet worden. Es geht auf eine EU-Richtlinie zurück. Alle EU-Länder sollen 2011 datenmäßig erfasst werden. Das Statistische Bundesamt wirbt auf seiner Internetseite für den Zensus. Die letzte Volkszählung habe im Westen 1987 stattgefunden, in der DDR 1981. Aktuelle Informationen über Bevölkerung, Arbeitsmarkt und Wohnungen seien deshalb nicht hinreichend vorhanden.

Ob die Erhebung wie geplant durchgeführt werden kann, muss nun der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Vorsitz des Vizepräsidenten Ferdinand Kirchhof entscheiden. Wann die Verfassungsbeschwerde bearbeitet wird, ist noch unklar. Vor Mai 2011 muss die Entscheidung allerdings gefallen sein.

Ursula Knapp

Frankfurter Rundschau Online, Frankfurt, 16. Juli 2010
Original: http://www.fr-online.de/politik/karlsruhe-soll-volkszaehlung-kippen/-/1472596/4423046/-/index.html

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