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Kanzlerin soll Vorratsdatenspeicherung stoppen

Bürgerrechtler richten Videobotschaft an Angela Merkel

Die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zusammengeschlossenen acht Bürgerrechtsorganisationen fordern in einer Videobotschaft an die Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Stopp der geplanten Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten. Eine Totalspeicherung der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung sei vollkommen unverhältnismäßig, so die Bürgerrechtler.

In Anbetracht der Umgehungsmöglichkeiten für Kriminelle sind nach Ansicht des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vor allem rechtschaffene Bürger, Abgeordnete, Anwälte und Beratungsstellen betroffen: "Frau Bundeskanzlerin, wir bitten Sie: Stoppen Sie diesen Anschlag auf Bürgerrechte und Datenschutz in Deutschland, lassen Sie uns in diesem Punkt mehr Freiheit wagen!", so der Appell an Angela Merkel.

In der letzten Woche stellte Justizministerin Brigitte Zypries ihre Pläne zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung vor: Danach soll zur verbesserten Strafverfolgung über einen Zeitraum von sechs Monaten nachvollziehbar werden, wer mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Die Bürgerrechtler mahnen, mit Hilfe dieser Daten könnten aber gleichwohl Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden.

In dem Gesetzentwurf aus dem Bundesjustizministerium machen die Bürgerrechtler auch ein faktisches Verbot von Anonymisierungsdiensten und eine Identifizierungspflicht für die Benutzung von E-Mail aus (Seiten 144 und 151 des Entwurfs). Dort heißt es: "Einen Telekommunikationsdienst für die Öffentlichkeit im Sinne dieser Vorschrift erbringt auch, wer einen Anonymisierungsdienst betreibt und hierbei die Ausgangskennung des Telekommunikationsnutzers durch eine andere ersetzt". Damit unterliegen auch Betreiber von Anonymisierungsdiensten den Speicherpflichten.

Bürgerrechtsverbände und die Opposition haben bereits scharf gegen die Pläne protestiert. Auch in der SPD regt sich Widerstand, seit der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages im Sommer die Verfassungsmäßigkeit der Pläne in Frage stellte.

Hinter dem Video-Appell an die Bundeskanzlerin stehen neben dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auch die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), der FoeBuD, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), die Foundation for a Free Information Infrastructure (FFII), das Netzwerk Neue Medien, Stop1984 und der virtuelle Ortsverein der SPD (VOV).

golem.de, Berlin, 15. November 2006
Original: http://www.golem.de/0611/48956.html

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