FoeBuD e.V.  ·  Marktstraße 18  ·  D-33602 Bielefeld
http(s)://www.foebud.org  ·  foebud@bionic.zerberus.de

Telekom-Abhöraffäre in Verbindung mit Vorratsspeicherung

Datenschützer fordern gesetzliche Konsequenzen

Die mutmaßlich systematische Bespitzelung von Aufsichtsräten, Managern und Journalisten bei der Deutschen Telekom hat breite Empörung in der Öffentlichkeit ausgelöst. Vor der Amtszeit von Firmenchef René Obermann sollen mehr als ein Jahr lang Telefonverbindungsdaten überwacht worden sein, um undichte Stellen zur Presse aufzuspüren.

"Erschütternd", nannte es FDP-Innenexperte Max Stadler, "dass ein Unternehmen, das wegen der sensiblen Daten, über die es verfügt, besonders zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, die Grundrechte nicht achtet und keinen Respekt vor der Privatsphäre hat". Gegenüber der Frankfurter Rundschau sprach er von einer allgemeinen Tendenz, zu der auch "der Gesetzgeber beigetragen hat, indem er so haltlose Gesetze, wie das zur Vorratsdatenspeicherung erlassen hat".

Bürgerrechtler beklagten einen "Datenmissbrauch im Konzerninteresse", womit die Gefahren der Vorratsdatenspeicherung aufgezeigt würden. "Wir haben immer darauf hingewiesen, dass Vorratsdatenspeicherung Begehrlichkeiten weckt. Dieser Vorfall zeigt, dass das kein akademisches Szenario ist, sondern geübte Praxis." Datensammlungen von Unternehmen seien mindestens ebenso problematisch wie vom Staat. Rena Tangens vom FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) forderte daher, den Vorfall zum Anlass zu nehmen, darüber nachzudenken, die gesetzlich vorgeschriebene Vorratsdatenspeicherung schnell abzuschaffen.

Die Telekom verfüge über besonders sensible Daten, so der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, zur Frankfurter Rundschau. "Sie muss wissen, dass sie weder gegenüber Kunden noch gegenüber Mitarbeitern geheimdienstliche Befugnisse hat." Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sprach von einem "veritablen Skandal", falls sich die Vorwürfe bewahrheiten.

Linkspartei-Vorstandsfrau Petra Pau schlussfolgerte, nach Vorfällen bei der Telekom, bei Lidl und Siemens werde die Überwachung von Mitarbeitern immer mehr zur Regel. "Ein neues Datenschutzrecht, das den technischen Verlockungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird", sei deshalb notwendig. Dazu gehörten "endlich auch klar definierte Schutzrechte für Arbeitnehmer".

Telekom-Chef René Obermann übte sich indes in Schadensbegrenzung und erklärte gegenüber der Bild-Zeitung, er sei "zutiefst erschüttert". "Fälle von Fehlverhalten müssen aufgeklärt werden und harte Konsequenzen nach sich ziehen", so Obermann.

golem.de, Berlin, 26. Mai 2008
Original: http://www.golem.de/0805/59946.html

© WWW-Administration, 26 Jun 08