Unter dem Motte "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn!" demonstrierten am Samstag, dem 11. Oktober 2008 in Berlin Zehntausende gegen die zunehmende Datensammelwut von Staat und Wirtschaft. Zu der Demonstration hatten unter anderem Bürgerrechtler, Berufsverbände, Gewerkschaften und Parteien aufgerufen.
Ein Zeichen gegen zunehmende Überwachung und Kontrolle wollten die Demonstranten setzen: "Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind - der 'große Bruder' Staat und die 'kleinen Brüder und Schwestern' aus der Wirtschaft wissen es immer genauer.
Der daraus resultierende Mangel an Privatsphäre und Vertraulichkeit gefährdet die Freiheit des Glaubensbekenntnisses, die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit, die Koalitionsfreiheit, Unternehmensintegrität, die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten, Beratungsdiensten und Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten", heißt es im Demonstrationsaufruf.
Hinter diesem stehen beispielsweise die Humanistische Union, die Internationale Liga für Menschenrechte, der Chaos Computer Club, die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, der FoeBuD, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, die Free Software Foundation Europe, das Netzwerk Neue Medien, Pro Asyl, der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen, der Deutsche Anwaltverein, der Deutsche Journalistenverband, Attac, der Deutsche Gewerkschaftsbund, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDP und der virtuelle Ortsverein der SPD.
Nach Angaben der Veranstalter folgten am Ende 100.000 Menschen dem Aufruf und beteiligten sich an der Abschlusskundgebung am Platz des 18. März in Berlin. Gestartet war die Demo gegen 14 Uhr mit rund 15.000 Demonstranten, die unter anderem "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Daten klaut" riefen.
Sie treten für einen Abbau der Überwachung ein, das heißt gegen eine pauschale Registrierung aller Flugreisenden, gegen einen Informationsaustausch mit den USA und anderen Staaten ohne wirksamen Datenschutz, gegen geheime Durchsuchung von Privatcomputern, gegen eine pauschale Überwachung und Filterung von Internetkommunikation und damit das geplante Telekom-Paket der EU, gegen eine Finanzierung der Entwicklung neuer Überwachungstechniken und für die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung sowie Erhebung biometrischer Daten und RFID-Ausweisdokumenten.
Die bestehenden Überwachungsbefugnisse sollen unabhängig im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und schädliche Nebenwirkungen überprüft werden. Neue Gesetzesvorhaben auf dem Gebiet der inneren Sicherheit sollen gestoppt werden, sofern sie "mit weiteren Grundrechtseingriffen verbunden sind". Zudem soll die Meinungsfreiheit und der freie Meinungs- und Informationsaustausch über das Internet gewährleistet werden.
Nach Einschätzung von Golem.de vor Ort betrug die Teilnehmerzahl nicht ganz 100.000, was die Veranstalter als offizielle Zahl nannten, aber auch nicht nur 15.000, wie die Polizei meldete. Golem.de schätzt die Zahl der Teilnehmer an der Abschlusskundgebung auf ungefähr 50.000 Personen. Die Veranstaltung verlief weitestgehend friedlich, von kleinen Rangeleien mit der Polizei am Rande des Brandenburger Tors einmal abgesehen. (ji)
ji
golem.de, Berlin, 11. Oktober 2008
Original: http://www.golem.de/0810/62882.html