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CCC warnt vor gläserner Krankenakte

Überwachung nimmt auch andernorts permanent zu

Der CCC warnt vor anstehenden Ausweitungen der Befugnisse der Strafverfolger: nachdem unter der allgegenwärtigen Berufung auf die Terrorgefahr bereits das Bankgeheimnis in Deutschland faktisch gefallen ist, kann sich der SPD-Innenexperte Wiefelspütz auch eine Erweiterung der Einsichtsrechte der Strafverfolger in die kommende elektronische Gesundheitskarte vorstellen: "Wenn die Gesundheitskarte ein Schlüsselinstrument wäre, um terroristische Straftaten abzuwenden, würde ich einen Zugriff auf diese Daten nicht problematisieren wollen, dann müssten die Eingriffsrechte geschaffen werden", mit diesem Satz zitiert ihn auch der Chaos Computer Club und stellt zurecht die Frage, ob es der Menschenwürde entspräche, wenn der Staat zur Terrorbekämpfung Einblick in komplette Krankenakten bekäme.

Passend dazu stellt paddeluun vom für die alljährliche Big Brother Award-Verleihung bekannten Verein FoeBuD das Problem der zunehmenden Datenerfassung auch durch private Unternehmen dar: "Früher wusste die Kassiererin im Supermarkt, wenn wir Alkoholiker waren, heute weiß es der Konzern. Heute höre ich aus dem Handy bei der E-Plus-Hotline nur ein Besetzt-Zeichen, wenn ich ein kleines Einkommen habe. Leute, die dem Unternehmen lukrativer scheinen, bekommen dagegen sofort einen Gesprächspartner. Möglich ist das, weil die Unternehmen Vorurteile über uns sammeln und horten. Selbst Menschen, die sich im Thema Datenschutz gut auskennen, wissen oftmals gar nicht, dass die Auswirkungen der Datensammelwut uns längst täglich manipulieren.", so padeluun im TP-Interview. Der FoeBuD komme mit seiner Arbeit den Notwendigkeiten an sich nicht mehr nach - zu zahnlos seien die Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes und zu desinteressiert die Öffentlichkeit an der Datensammelwut von Regierung, Behörden und Konzernen.

Unterdessen nahm die Zahl der Telefonabhöraktionen in Deutschland in weniger als zehn Jahren um über 500% zu - jährlich neue Rekorde der Abhörmaßnahmen beanstandet der Datzenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar. Diese haben 2004 mit fast 30.000 einen Höchststand erreicht, der sich jedoch in keiner Weise höheren Aufklärungsquoten niederschlägt: andere Länder sind bei gleichen Aufklärungsquoten vom Abhörwahn der deutschen Strafverfolger weit entfernt. Zumindest die Benachrichtigungspflicht solle laut Schaar stärker zur Anwendung kommen - damit wenigstens nach der Lauschaktion die Betroffenen über die Maßnahmen informiert werden.

Zu guter Letzt können sich die Trafficanalysierer und Profilersteller von Webwerbung freuen: 38% der User löschen regelmäßig Cookies und erschweren den Marketingoptimierern dadurch die Profilerstellung. Mit Hilfe von Flash könnte jedoch in absehbarer Zeit eine Cookiealternative nutzbar gemacht werden, die wieder ein wenig besser und wieder ein wenig unbemerkter die Informationen über privates Surfverhalten an die Werbetreibenden übermittelt.

Dem FoeBuD geht augenblicklich das Geld aus - nach der Kampagne zum Stop der umstrittenen RFID-Technik in Bereichen, die die Privatsphäre nachhaltig beschneiden. Währenddessen nahm Amal Graafstra die Vision eines County Commissioners in Ohio vorweg: dieser wünschte sich GPS-Chipimplantate für aus dem Gefängnis entlassene Straftäter. Graafstra implantierte sich nun

Richard Joos

Gulli, Bochum, 31. März 2005
Original: http://www.gulli.com/news/ccc-warnt-vor-glaeserner-2005-03-31/

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