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Was tun? 23 mal Protest und Widerstand auf dem CCC-Camp 2007

Den einsamen Kämpfer musste Markus Beckedahl von netzpolitik nur kurz spielen. Der Mac seines Mitreferenten Wetterfrosch wurde gestohlen, weshalb er alleine 23 Möglichkeiten vorstellte, aktiv zu werden und gegen die Kriminalisierung von Hackern und Netznutzern vorzugehen. Denn es gibt eine enorme Zunahme der Politisierung von Technikfans, dabei herrsche aber oft ein Gefühl großer Ohnmacht vor. Das kann man jedoch abbauen: ganz ohne Parteieintritt und Marsch durch die Institutionen.

Kurz nach dem ersten externer Link in neuem Fenster folgtstarken Regenguss, dem externer Link in neuem Fenster folgteinige Zelte zum Opfer fielen, zeigte externer Link in neuem Fenster folgtBeckedahl, dass es viele, verschieden aufwändige und durchaus spaßmachende Möglichkeiten gibt, den hilflosen Zorn in gezielte Aktion umzulenken. In die vier Kategorien "Nerdlobbyismus", "Medien und Journalismus", "Entwicklung und Design" sowie die gute alte Straße zerfallen die Tipps, Tricks und Anregungen, die ein "Ich kann ohnehin nichts ändern" wirkungsvoll widerlegten.

Die deutsche piratenpartei sammelt Vollmachten für die Klage gegen Vorratsdatenspeicherung

Nerdlobbyismus, das Vertreten der eigenen Interessen gegenüber der Politik, kann beim eigenen Abgeordneten anfangen - besonders erfolgversprechend ist das, wenn man schriftlich oder persönlich vorspricht und konkrete, regional bezogene Anliegen hat. Der Hinweis auf Arbeitsplätze, die durch Hackerparagrafen kriminalisiert und gefährdet werden, kann darüber hinaus durchaus auch Stadt- und Gemeinderat interessieren. Auch Eigeninitiative - Eingaben, Anfragen - sind hier wirkungsvolle Aktivierungsmittel. Freies WLan für die Stadtbücherei, beispielsweise - ein Vorschlag, der dazu zwingt, sich mit Themen wie Netzzensur und Überwachung konkret auseinanderzusetzen.

Parteiarbeit muss nicht nur über den Parteieintritt funktionieren - effizienter kann es sein, eine Partei schlicht zu adoptieren. So bietet es sich an, sich bei den Jugendorganisationen als Experte zu den jeweiligen Themen anzudienen, Info- und Diskussionstreffen anzuregen und den Jungpolitikern das Handwerkszeug zu geben, um ihren Mutterparteien Dampf zu machen. Angenehmer Nebeneffekt: die Geschichte kann zum Selbstläufer werden.

Ebenso kann man bei Organisationen und Firmen Verbündete finden - macht man dort die Problematik bekannt, können durchaus einflussreiche Lobbyisten dadurch aktiviert werden. Das Thema Petition und Online-Unterschriften ist in der letzten Zeit ein wenig ausgereizt worden, zu guter letzt können Unerschrockene auch noch klagen - Holger Voss' Klage gegen die Telekom und ihre Speicherpraxis sorgte für viel Bewegung in der laufenden Debatte.

Präsenter in den Medien werden - das der zweite Schwerpunkt, in dem indessen vieles bereits umgesetzt wird. Mehr Blogs, mehr Podcasts zu den umstrittenen Themen, mehr Gewicht in der öffentlichen Debatte - Beckedahl rät zum selbst schreiben und bloggen, zum Gespräch und Interview mit Experten, wodurch eigene Kompetenz gefördert wie auch neuer Inhalt generiert wird. Anfragen und Erklärungen können analog zum Nerdlobbyismus natürlich auch an die lokale Presse geschickt werden.

Entwicklung und Design ist hingegen ein (leider) wenig beackertes Feld mit hohem Potential. Es ist schwierig, abstrakte und komplexe Themen wie Privatsphäre, Überwachungsstaat, Vorratsdatenspeicherung und ihre Gefahren leicht verständlich darzustellen. Einige hervorragende Animationen und Filme existieren bereits, hier gebe es jedoch noch viel zu tun.

Dabei kann man aktiv mithelfen - gebraucht werden natürlich Medien, Texter, Administratoren und Netzressourcen - benötigt wird aber auch (wie immer) Geld. Spenden an den AK Vorrat, den FoeBuD, die EFF, FSF und ähnliche Organisationen helfen ebenso wie eine CCC-Mitgliedschaft, Fundraising, das Betreiben von Spenden/Infotischen oder das Beantragen von Fördermitteln bei Stiftungen und Organisationen. Zentraler Punkt: Hacker-Aktivismus ist ein Feld geworden, auf dem Experten und freiwillige jeder Couleur gebraucht werden, längst nicht mehr nur "Hacker" im klassischen Sinn.

Zu guter Letzt ist auch das Real Life ein hervorragender Ort zur Vernetzung. Stammtische, Meetings, Bandenbildung - sobald sich zwei oder mehr Personen treffen, entstehen eine Vielzahl von Ideen. Hilfreich ist hier, eher in Form von Aktionen denn Demonstrationen oder ähnlichen Großvorhaben zu denken.

Zu mehreren ist man auch besser für Veranstaltungen gerüstet, auf denen es sich lohnt, vor Ort zu sein. Messen, Infoveranstaltungen, Podiumsdiskussionen, Politikerbesuche sind Orte, an denen man eigene Statements in Wort und Schrift an die Öffentlichkeit bringen kann. In der anschließenden Diskussion wurden überwiegend positive Erfahrungen berichtet, egal, welche Aktionsform gewählt wurde. Mehr Ideen und Möglichkeiten werden aktuell im externer Link in neuem Fenster folgtWiki des AK Vorrat gesammelt und zusammengestellt.

Zu tun gibt es demnach einiges - und wie man sieht, kann der Widerstand auch Spaß machen und führt gelegentlich zu überaus erfreulichen Parties.

Gulli, Bochum, 11. August 2007
Original: http://www.gulli.com/news/was-tun-23-mal-protest-und-2007-08-11/

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