Angesichts des Datenmissbrauchs bei der Deutschen Telekom hat der Verein FoeBuD einen "Neustart" für den Datenschutz gefordert. "Das heißt, alles was bisher gesammelt wurde, muss gelöscht werden. Und Datenbanken dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung wieder aufgebaut werden", sagte Vorstandsmitglied Rena Tangens der Frankfurter Rundschau. "Wir sollten uns ganz grundsätzlich klar machen: Sobald Datensammlungen da sind, ist auch immer das Potenzial gegeben, dass diese Daten missbraucht werden", betonte die Datenschützerin. Das liege an einem schwindenden Rechtsbewusstsein bei den Unternehmen. Anzeige
Ähnliches könne man auch beim Staat verzeichnen. "Wir sollten uns einmal unsere Bundestagsabgeordneten zur Brust nehmen und denen klar machen, was sie mit der Vorratsdatenspeicherung beschlossen haben. Diese Gesetzgebung öffnet Tür und Tor für einen solchen Missbrauch." Verbrauchern riet Tangens, mit ihren Daten umsichtig umzugehen. Bei Geschäftsbeziehungen zu Firmen sollte darauf gedrängt werden, dass die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Darüber hinaus sollte möglichst wenig gespeichert werden. So sei etwa das Geburtsdatum völlig überflüssig, werde aber immer wieder abgefragt, weil es für die Werbung interessant sei. Verbraucher sollten den Passus in Verträgen streichen, der eine Weitergabe von Daten erlaubt.
Mögliche Verletzungen von Fernmeldegeheimnis und Pressefreiheit durch die Bespitzelungsaffäre bei der Deutschen Telekom können aber dem ehemaligen Staatsunternehmen Deutsche Telekom aus Expertensicht nur mittelbar als Verfassungsverstöße zur Last gelegt werden. "Die Grundrechte gelten zunächst einmal nur im Verhältnis von Staat und Bürgern. Die Telekom ist aber inzwischen ein privates Unternehmen", sagte der Göttinger Verfassungsrechtler Werner Heun in einem Gespräch mit dpa. "Hier sind vor allem mögliche Verstöße gegen das Strafrecht oder Datenschutzbestimmungen relevant. Entscheidend ist natürlich auch die politische Bedeutung."
Nach Heuns Worten können dennoch eventuelle Verfassungsverstöße in einem Bespitzelungsfall auch bei einem privaten Unternehmen eine Rolle bei der Ahndung der Vorgänge spielen. "Die Grundrechte können als allgemeine Wertmaßstäbe hier auch für das Verhältnis eines Unternehmens zu Privatleuten herangezogen werden. Damit könnte eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses oder der Pressefreiheit zum Beispiel Bedeutung haben für die Bemessung eines Bußgeldes."
Die Telekom soll Telefonverbindungen von Managern und Aufsichtsräten zu Journalisten ausspioniert haben. Angesichts der Vorwürfe sind Rufe nach schärferen Gesetzen laut geworden. So hatte zum Beispiel der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar höhere Bußgelder gegen Datenschutzverstöße in Unternehmen angemahnt. Opfer von Abhöraktionen sollten nach Ansicht der Grünen künftig Schadenersatz erhalten.
Heise Online, Hannover, 27. Mai 2008
Original: http://www.heise.de/newsticker/Datenschuetzer-sehen-schwindendes-Rechtsbewusstsein--/meldung/108496