FoeBuD e.V.  ·  Marktstraße 18  ·  D-33602 Bielefeld
http(s)://www.foebud.org  ·  foebud@bionic.zerberus.de

FDP hat es schwer mit dem Wandel in der Innenpolitik

Die FDP stößt mit ihrer Forderung nach einer Korrektur in der Innen- und Rechtspolitik bei den laufenden Koalitionsverhandlungen weiter auf Granit bei der Union. Der Vize der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Bosbach, kann sich allenfalls vorstellen, Streitfragen wie die Vorratsdatenspeicherung und heimliche Online-Durchsuchungen aus dem geplanten Vertrag auszuklammern. "Wenn die FDP jetzt sagen würde, liebe Union, das Ganze liegt in Karlsruhe, die Richter müssen erst einmal entscheiden, dann hätte ich für eine solche Argumentation sogar Verständnis", erklärte der CDU-Politiker am heutigen Dienstag im Radiosender Bayern 2.

Eigentlich strebe die Union eine Ausweitung der Ausspähung von Festplatten an, machte Bosbach deutlich. So solle der Polizei der verdeckte Zugriff auf IT-Systeme auch zur Aufklärung "schwerster Straftaten" gestattet werden. Mit dem bisherigen Koalitionspartner SPD sei man sich in dieser Frage im Prinzip bereits einig gewesen. Vor der Wahl hatte die große Koalition das Thema aber nicht weiter verfolgt und keinen "gesetzgeberischen Handlungsbedarf" gesehen. Nun schlägt Bosbach den Liberalen vor, über einen erweiterten Einsatz des Bundestrojaners erst nach einem Urteil aus Karlsruhe zum BKA-Gesetz zu sprechen. Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler hatte dagegen am Wochenende betont: "Einzelne Äußerungen mancher CDU-Beteiligter, es müsse alles beim Alten bleiben und man werde keine Kompromisse machen, können von der FDP nicht akzeptiert werden."

Schwer dürfte es den Liberalen auch fallen, das Rad bei den Web-Sperren im Kampf gegen Kinderpornographie zurückzudrehen. Nach dem grünen Licht aus Brüssel kündigte das federführende Bundeswirtschaftsministerium laut FAZ an, das entsprechende Zugangserschwerungsgesetz "unverzüglich" Bundespräsident Horst Köhler (CDU) zur Unterschrift vorzulegen. Es könnte dann nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt etwa Anfang November mit rund vier Monaten Verzögerung in Kraft treten.

Die FDP ist ein erklärter Gegner des Vorhabens. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble räumte jüngst zwar handwerkliche Fehler beim Zustandekommen des Gesetzes ein. Es sei im Wahlkampf "auch deshalb entstanden, um die CDU gegenüber anderen Parteien abzusetzen". Doch für eine Rücknahme oder Verbesserung ist es inzwischen nach Ansicht von Fachleuten zu spät. Zwar verfallen gemäß dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der "Diskontinuität" Gesetzesvorhaben, die vor einer Bundestagswahl nicht mehr verabschiedet werden. Dieses Prinzip bezieht sich aber allein auf Entwürfe, nicht auf vom Parlament abgeschlossene Verfahren. Den Liberalen bliebe so voraussichtlich nur die Möglichkeit, zusammen mit Oppositionspolitikern und Bürgerrechtlern erneut vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Die Datenschutzorganisation FoeBuD und das Kampagnen-Netzwerk Campact verweisen unterdessen darauf, dass innerhalb von 24 Stunden rund 14.000 Menschen einen Online-Appell an die FDP-Spitzenpolitikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger unterschrieben haben. Darin fordern die Unterzeichner die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung und die "Aufhebung" des Gesetzes über Web-Blockaden. Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat derweil für die sechsmonatige Aufzeichnung von Verbindungs- und Standortdaten bis zu einer Entscheidung aus Karlsruhe einen Kompromiss vorgeschlagen. Um die "schädlichen Wirkungen" der Datensammlung einzudämmen, sollten der "Identifizierungszwang" in der Telekommunikation etwa bei Prepaid-Karten sowie die Sanktionen zur Durchsetzung der Vorratsdatenspeicherung bei Providern abgeschafft werden.

Stefan Krempl

Heise Online, Hannover, 13. Oktober 2009
Original: http://www.heise.de/newsticker/meldung/FDP-hat-es-schwer-mit-dem-Wandel-in-der-Innenpolitik-826234.html

© WWW-Administration, 22 Oct 09