Der Bundesrat will das umstrittene neue Melderecht zum Fall für den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag machen und dort auf Nachbesserungen drängen. Dies wurde in einer Sitzung des Innenausschusses der Länderkammer am Donnerstag in Berlin deutlich. Dafür hätten alle 16 Länder gestimmt, sagte der Ausschussvorsitzende, Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD), der dpa. Meldeämter sollen Auskünfte über Namen, akademische Grade sowie gegenwärtige Anschriften für Werbung und Adresshandel nur noch herausgeben dürfen, wenn die Betroffenen ausdrücklich eingewilligt haben.
Noch unklar ist, wie weit die Forderungen des Bundesrats letztlich gehen werden. Die Freistaaten Sachsen, Bayern und Thüringen sowie die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, in denen die CDU oder die CSU den Ton angeben, wollen laut einem heise online vorliegenden Antrag allein zurück zur Bestimmung im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung. Dieser sah eine "Opt-in"-Regelung vor. Der Bundestag ersetzte diese in der entscheidenden Abstimmung während des EM-Halbfinalspiels Deutschland gegen Italien Ende Juli durch eine "Opt-out"-Klausel. Demnach müssten Bürger gegen eine Datenweitergabe an Adressbroker oder Werber widersprechen. Widerspruch solle nicht möglich sein, wenn bestehende Datenstände überprüft werden sollen.
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Baden-Württemberg wollen umfangreichere Korrekturen. Neben der Einwilligungslösung wollen diese sogenannten A-Länder, in denen die SPD oder die Grünen an der Macht sind, allgemein eine "gewerbliche Nutzung" von Meldedaten durch die Auskunft verlangende Person oder Stelle ausschließen und Verstöße mit Bußgeld belegen. Auch wollen die A-Länder schärfer ahnden, wenn eine Einwilligung von Betroffenen vorgespiegelt wurde.
Dafür müsste der gewerbliche Charakter einer Anfrage für eine sogenannte einfache Melderegisterauskunft erkennbar sein. Die Meldebehörde habe daher darauf zu achten, dass in der Anfrage der Zweck möglichst konkret angegeben wird, heißt es in dem Antrag. Anders als etwa dabei, die Rechte als Gläubiger wahrzunehmen oder um kreditbetrügerische Absichten zu verhindern, müsse der Wunsch nach Daten für Direktmarketing generell hinter dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen zurücktreten. Parallel wollen Sozialdemokraten und Grüne durchsetzen, dass Unternehmen auch dann die aus einer Melderegisterauskunft gewonnenen Adressdaten später nicht mehr für Adressauskünfte heranziehen dürfen, wenn sie ihre Datenbanken für eigene Geschäftszwecke aktualisieren wollen.
Über die beiden Anträge soll das Plenum des Bundesrats am 21. September entscheiden. Vor der Sitzung des Innenausschusses hatte das Bündnis "Meine Daten sind keine Ware" planmäßig über 190.000 Unterschriften gegen das neue Meldegesetz an Länderpolitiker übergeben. Das Netzwerk wird getragen von der Kampagnenseite Campact, dem FoeBud, dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz. Die Unterzeichner setzen sich für die "Opt-in"-Variante ein. Symbolisch verschlossen die Aktivisten während der Kundgebung daher "Meldeakten" mit stabilen Vorhängeschlössern. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hatten Ende August zudem deutlich weiter gehende Änderungen angemahnt. Sie wollen unter anderem auch die Hotelmeldepflicht und Mitwirkungsauflage des Wohnungsgebers bei der Anmeldung des Mieters zu Fall bringen.
Stefan Krempl / anw
Heise Online, Hannover, 06. September 2012
Original: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Laender-wollen-Meldegesetz-korrigieren-1701771.html