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Anti-Repressions-Tagung ohne Schäuble

Am Wochenende (24. /25.1.2009) fand in Osnabrück eine zweitägige Tagung zu den Themenkomplexen Überwachung und Repression statt. Etwa 70 Personen kamen ins selbstverwaltete Zentrum SubstAnZ und füllten die zahlreichen Vorträge und Workshops mit Leben.

Der geladene Innenminister Wolfgang Schäuble ließ schriftlich mitteilen, dass er zeitlich leider nicht zum Thema „BKA – Die neue Stasi“ referieren könnte, wünschte den TeilnehmerInnen aber eine gelungene Tagung. Der verlesende Brief sorgte gleich zu Beginn für einiges Gelächter. Eine Auseinandersetzung mit dem neuen BKA-Gesetz gab es dann aber doch. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Hannover fasste die Geschichte und den Ausbau der Befugnisse des Bundeskriminalamtes zusammen und stellte deutlich heraus, dass es beim neuen Gesetz um weit mehr, als nur den Bundestrojaner geht.

Um die Überwachung von Telefonen und Handys ging es in einem weiteren Referat. Inwieweit Handys als Wanzen verwendet werden können und was technisch überhaupt möglich ist, sorgt immer wieder für Verwirrung und Irritation. PanoptikOS versuchte in die vielen Gerüchte und Ungereimtheiten etwas Klarheit zu bringen.

In einem „reclaim your computer“-Workshop wurden die TeilnehmerInnen durch den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Münster mit vielen praktischen Infos versorgt, wie sie ihre Technik wieder ein Stück selbstbestimmter und mit weniger Risiken einsetzen können.

Auch gab es am Samstag noch einen Demo-Sani-Workshop, bei dem die Demo-Saniäter_innen Osnabrück von ihren Erfahrungen auf Demonstrationen berichteten. Neben den besonderen Gefahren auf Demonstrationen wurden auch zahlreiche medizinische Ratschläge erteilt.

Den inhaltlichen Abschluss des ersten Tages bildete eine Einführung in das geplante neue Niedersächsische Versammlungsgesetz. PanoptikOS führte in das Gesetz ein und problematisierte die darin geplanten umfangreichen Verschärfungen und Gefahren für die Anmeldung und die Teilnahme an einer Demonstration sowie den steigenden unkontrollierten Ermessensspielraum der zuständigen Behörden. Anschließend gründete sich dann auch gleich ein Bündnis gegen das neue Niedersächsische Versammlungsgesetz.

Der erste Tag endete mit einem Konzert der Berliner Öko-Gangster-Rapper von Schlagzeiln und dem Rapper Disco unter dem Motto „Beats against Repression“, an dessen Beginn über das akut räumungsbedrohte Versetzt in Münster berichtet wurde.

Nach einer kurzen Nachtruhe startete der zweite Tag der Tagung mit dem Thema Videoüberwachung. Die immer stärker fokussierte und geforderte Überwachung von öffentlichen Räumen führt in vielen Städten zu einem alarmierenden Bild. Ein für alle mitgestaltbares Überwachungswiki soll das Ausmaß sichtbar machen und zugleich für tieferliegende Entwicklungen sensibilisieren.

Rena Tangens vom FoeBuD kam in ihrem Referat auf die Gefahren von RFID zu sprechen. Als Aktivistin der ersten Stunde konnte sie von zahlreichen erschreckenden Einzelfällen und kreativen Formen des Widerstands berichten.

Der Chaostreff Münster/Osnabrück thematisierte die Vorratsdatenspeicherung, die alles andere als ein alter Hut ist. Die zahlreichen Unklarheiten, was denn nun genau gespeichert wird, wer speichern muss und was das Bundesverfassungsgericht am Gesetz schon einschränkte, bildeten den Ausgangspunkt des Vortrags.

Die Rote Hilfe Osnabrück informierte abschließend über die Formen und den Umgang mit staatlicher Repression und wies auf die Rechte und sinnvolles Verhalten in solchen Situationen hin.

Die ganze Zeit arbeitete eine Okü-Gruppe unermüdlich am kulinarischen Wohlergehen aller Teilnehmer. Leider deckten die Spenden nicht die Ausgaben...

Rolf Gössner, der zum Thema „Menschenrechte in Zeiten des Terrors – Auf dem Weg in einen präventiven Sicherheitsstaat“ sprechen wollte, musste leider kranheitsbedingt absagen, was dem gelungenen Verlauf aber keinen Abbruch tat. Er bot an, seinen Vortrag demnächst nachzuholen, was in näherer Zukunft auch stattfinden wird.

Wir danken den vielen helfenden Händen, die die Tagung möglich machten und den zahlreichen Besuchern!

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Indymedia, 29. Januar 2009
Original: http://de.indymedia.org/2009/01/240657.shtml

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