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Elena könnte fallen

Massenklage gegen Schnüffelgesetz angekündigt. Datenschützer und Gewerkschaften warnen vor Mißbrauch. Nun auch Widerstand bei FDP gegen Ausspähen aller Beschäftigten

Überraschend haben in den vergangenen Tagen führende FDP-Politiker Widerstand gegen die Arbeitnehmer-Datensammlung »Elena« (elektronischer Entgeltnachweis) angekündigt. Das Schnüffelgesetz stammt aus der SPD/Grünen Regierungszeit. Unter dem Vorwand der Entbürokratisierung melden seit Beginn des Jahres alle Firmen die Einkommensdaten ihrer Beschäftigten elektronisch an eine zentrale Speicherstelle bei der Deutschen Rentenversicherung. Zu der Erfassung gehören Hinweise auf Fehl- und Krankheitstage, die Höhe des Gehalts sowie auf Fälle von »Fehlverhalten«.

Ende 2009 wurde Gewerkschaften und Datenschützer das Ausmaß der Überwachung deutlich. Ver.di-Chef Frank Bsirske kündigte eine Verfassungsklage in Karlsruhe an. Inzwischen wird eine Massen-Verfassungsbeschwerde vorbereitet, die ähnlich wie die bisher größte Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung von Tausenden Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet werden soll. »Dieser gewaltige Datenpool muß rasch einer Überprüfung unterzogen werden«, begründete Rechtsanwalt Rolf Gössner den Schritt am Donnerstag im Gespräch mit junge Welt. Die Klagen sollten am 31. März beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden. Jeder Betroffene könne mitmachen, so Gössner. Der Anwalt ist zuversichtlich: »Schon drei Tage nach dem ersten Aufruf beteiligten sich über 15000 Menschen an der Aktion.« Auch Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix kritisiert die Erfassung der Daten von bis zu 40 Millionen Beschäftigten. Ob die Erhebung durch die Massenklage vollständig verhindert werden kann, ist für ihn allerdings fraglich. Denkbar sei aber ein Teilerfolg, sagte Dix am Mittwoch in Berlin. Das Bundesverfassungsgericht könnte etwa die regelmäßige Optimierung des Schutzes gegen Mißbrauch fordern. Das könnte »Elena« so teuer machen, daß auch politische Akzeptanz nicht mehr durchsetzbar sei, so der Datenschützer.

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte bereits im Januar aufgrund des Widerstands versichert, der Katalog der zu speichernden Daten werde entrümpelt und reduziert. Grundsätzlich hielt die Bundesregierung jedoch an »Elena« fest. Nun macht aber die FDP als Koalitionspartner Front gegen die Sammlung. Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, und der parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen, Christian Ahrendt, erklärten am Wochenende gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ), man wolle das zentrale Register kippen.

Mit der »Elena« drohe »die lückenlose Dokumentation des Alltags aller Berufstätigen«, warnte Christian Ahrendt. Der Staat dürfe nicht verdachtsunabhängig Informationen erheben, wann ein Beschäftigter gestreikt habe oder wann er oder seine Kinder krank gewesen seien. Laut Piltz und Ahrendt sei das Karlsruher Urteil zur Vorratsdatenspeicherung eine Aufforderung an die Politik, »sich bei der Datensammelwut zurückzunehmen«.

Somit kommt neue Dynamik in die Diskussion. Noch Anfang März hatten bei einer Bundestagsdebatte zu »Elena« Abgeordnete der Union und der SPD die Auffassung vertreten, daß bei der Erhebung alle Auflagen aus Karlsruhe erfüllt seien. Wie ernst der jetzige FDP-Vorstoß zu nehmen ist, muß sich erst noch zeigen. Auch bei dem umkämpften Bankdatentransfer an die USA, dem »Swift«-Abkommen, warben die Liberalen im Wahlkampf für die Ablehnung, weil der Datenschutz nicht gewährleistet sei. Am Ende beugten sie sich in der Bundesregierung aber doch ihrem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Hinzu kommt Kritik aus der Wählerklientel. Für Wirtschaftsvertreter, ist »Elena« mit zu viel Verwaltungsaufwand verbunden und damit zu teuer.

Ulla Jelpke

Junge Welt, Berlin, 19. März 2010
Original: http://www.jungewelt.de/2010/03-19/027.php

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