Die gute alte Rabattmarke erlebt ihre Wiedergeburt in Form von Kundenkarten. Die Sparmöglichkeiten halten sich in Grenzen, dafür sammeln Kartenunternehmen jede Menge persönlicher Daten.
Werbung hat's den deutschen Verbrauchern eingebläut: Geiz ist geil, nur wer Schnäppchen macht, ist nicht blöd. Rabatt gehört zum Einkauf - und wer keine Lust oder kein Talent zum Feilschen hat, steckt sich die preisermßigung in Form einer Kundenkarte in die Tasche. Die Kunden haben diese Botschaft begierig aufgenommen: Allein die beiden Platzhirsche Payback und Happy Digits haben in den letzten Jahren zusammen mehr als 50 Millionen Plastikkärtchen unters Volk gebracht.
Mit den Kundenkarten erblüht die Rabattmarke zu einem neuen, modernen Leben: Bei jedem Einkauf wird, abhängig vom Rechnungsbetrag, eine Punktzahl gutgeschrieben. Zum Beispiel gibt es bei den beiden Marktführern pro Cent einen Punkt, und wenn das Konto genug Punkte aufweist, können diese in Sachprämien oder Einkaufsgutscheine umgetauscht werden - oder werden ausgezahlt. Will ein an das Kartensystem angeschlossenes Unternehmen Kunden besonders anlocken, gibt es auch schon mal die fünffache Punktzahl für den Einkauf.
Bei anderen Kartenanbietern, etwa der Schuhkette Görtz oder dem Bekleidungsdiscounter Adler, wird der Preisnachlass von maximal fünf Prozent gleich von der Rechnung abgezogen oder es gibt ihn bar auf die Hand. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Unternehmen, deren Karte keinen Preisvorteil verspricht. So dient sie zum Beispiel beim Tiefkühlanbieter Bofrost allein als bargeldloses Zahlungsmittel, ebenso wie bei der Parfümeriekette Douglas. Die ist übrigens die Einzige in unserer Übersicht, bei der eine Gebühr fällig wird. Für sechs Euro im Jahr gibt es immerhin ein Mitgliedermagazin, kostenlose Pröbchen oder auch die Möglichkeit, Tickets für Kulturveranstaltungen oder Reisen zu buchen.
Während aber bei der klassischen Rabattmarke - die viele Bäckereien, Metzgereien oder andere Läden „um die Ecke" immer noch anbieten - für jeden Einkauf eine Marke ins Heft geklebt wird, das dann später an der Ladentheke gegen Bares oder Naturalien umgetauscht wird, speichern die Kundenkarten die Einkäufe elektronisch. Und sie sind strikt an die Person gebunden. Mit allen möglichen Nachteilen, die Verbraucher- und Datenschützer beklagen. So kritisierte Edda Müller, Vorstand im Verbraucherzentrale Bundesverband, die ungenierte Datensammelwut der Unternehmen: „Die Unerfahrenheit der Verbraucher in Sachen Datenschutz wird von einigen Firmen schamlos ausgenutzt."
Wer sich für ein Kartenprogramm anmeldet, muss zumindest einmal seinen Namen und seine aktuelle Anschrift angeben. Darüber hinaus verlangen einzelne Anbieter aber auch schon bei der Anmeldung die Angabe des Geburtsdatums. Fortschritt im Vergleich zu vor drei Jahren: Damals fragte zum Beispiel Kaufhof für seine Payback-Karte noch nach Familienstand und Haushaltseinkommen - zwar auf freiwilliger Basis, aber in bester Big-Brother-Manier. Diese Fragen finden sich auf dem aktuellen Onlineantrag der Karte nicht mehr.
Dabei müssten, ginge es allein um die Kundenbindung, überhaupt keine Kundendaten erfasst werden, sagt etwa Rena Tangens, Vorstandsmitglied im FoeBud (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs): „Kundenbindung geht auch anders. Positives Beispiel ist die Aktion von Aral, bei der die Autofahrer Marken sammeln, die sie in ein Heft kleben müssen. Um die Punkte gegen Prämien einzutauschen, muss man keine persönlichen Daten angeben."
Aber natürlich dienen die Karten auch dazu, verstärkt Werbung an den Kunden zu bringen. Wer nicht will, dass sein Briefkasten überquillt, sollte im Antrag nicht sein Einverständnis für Reklamesendungen geben. Was viele Karteninhaber außerdem übersehen: Nicht allein das Unternehmen, das die Karte ausgibt, sendet seine Werbebotschaften. Und weil sich mit Hilfe moderner Scannerkassen auch genau analysieren lässt, welche Marken und Produkte der Käufer bevorzugt, kann er auch ganz gezielt mit Werbung versorgt werden.
Wer auf die Art nicht zum gläsernen Kunden werden will, sollte auf die Kundenkarte verzichten. Ein Rabatt in der Größenordnung der Karten lässt sich auch auf eigene Faust heraushandeln.
U. Schmidt-Kasparek
Mehrwert, Augsburg, 01. April 2006
Original: Nicht bekannt