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Mit Gewinnspiel zum vollen Briefkasten

Online-Umfrage wird von Adresshändler veranstaltet / Verbraucherzentrale rät zu Vorsicht bei Umgang mit privaten Daten

Deutschlands schönste Stadt sucht derzeit die Adportum GmbH per Gewinnspiel. Auch Minden ist unter den 100 Kandidaten. Veranstalter: Das Tochterunternehmen eines Adresshändlers.

Unter der Internetadresse www.deutschlands-schoenste-stadt.de kann man sie wählen, die schönste Stadt der Republik. Derzeit auf Platz 58: Minden. Verknüpft ist die Abstimmung mit einem Gewinnspiel, bei dem Bücher verlost werden.

Veranstalter der Abstimmung ist die Adportum Media GmbH, ein Tochterunternehmen der AZ-Direkt GmbH. AZ-Direkt ist ein Tochterunternehmen der Bertelsmann-Firma Arvato. Und: AZ-Direkt ist ein Adresshändler. Für den Teilnehmer des Gewinnspiels bleiben diese Zusammenhänge jedoch unklar.

Adportum, laut Eigenwerbung Dienstleister für Online-Marktforschung, veranstaltet Gewinnspiele im Internet, bei denen Daten erhoben werden. AZ-Direkt verkauft Daten über das Internet. "In 5 Minuten zur Adresse!", ist auf der Homepage zu lesen.

Mit wenigen Mausklicks lassen sich dort Adressen kaufen. Mit einem Filter können sie nach Alter, Einkommen, Konsumgewohnheiten und Geschlecht sortiert werden. "Mehr als 37 Millionen qualitätsgeprüfte Privatadressen", so die Internetseite von AZ-Direkt, stehen zum Verkauf. Je nach Abnahmemenge liegen die Preise pro Adresse zwischen 12 Cent und 2,25 Euro.

"Solche Aktionen wie die "Deutschlands schönste Stadt-Wahl" werden nur dafür gemacht, um an Adressen zu kommen", meint Rena Tangens vom "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs" (FoeBuD) in Bielefeld. "Es wird ein Gewinnspiel veranstaltet, damit die Teilnehmer auch wirklich eine korrekte Adresse angeben."

Tatsächlich muss derjenige, der abstimmen möchte, viel von sich preisgeben: Geschlecht, Vor- und Nachname, Email, Postadresse und Alter müssen angegeben werden. Mit dem Setzen eines Häkchens willigt der Nutzer in die Teilnahmebedingungen ein. Fehlt eine Angabe, ist das Abstimmen nicht möglich.

Ursula Thielemann von der Mindener Verbraucherberatung rät zur Vorsicht: "Ich würde im Internet nicht mehr von mir preisgeben, als unbedingt nötig. Alles, was über die Adresse hinausgeht, ist unnötig."

Was mit den Daten geschieht, ist den Teilnahmebedingungen nicht zu entnehmen. Nicht der einzige Grund, vorsichtig zu sein: "Es gibt überhaupt keine Veranlassung, dort ein Geburtsdatum anzugeben. Das ist nur zu Werbezwecken zu gebrauchen", erklärt Rena Tangens.

Ein Bertelsmannsprecher, der seinen Namen nicht veröffentlicht wissen möchte, bestätigt auf MT-Anfrage: "Wenn Nutzer sich für ein Gewinnspiel oder eine Umfrage registrieren, wird zunächst ihr Name, Geburtsdatum, Anschrift, E-Mail-Adresse (Stammdaten) und gegebenenfalls die Telefonnummer erhoben."

Doch wenn diese Daten für ein Gewinnspiel unnötig sind - warum müssen Sie dann angegeben werden? "Gegebenenfalls werden durch die Beantwortung zusätzlicher Fragen Marktforschungsdaten erhoben", erklärt der Unternehmenssprecher. "Stamm- und Marktforschungsdaten werden - sofern die Einwilligung dazu vorliegt - für Werbezwecke und Marktforschung verwendet."

Geltendes Recht wird bei diesem Gewinnspiel eingehalten. "Adportum Media erhebt, verarbeitet und nutzt sämtliche Daten unter Beachtung des Bundesdatenschutzgesetzes und Telemediengesetzes", sichert der Unternehmenssprecher zu.

"Dass Gewinnspiele hauptsächlich dem Gewinn von Daten dienen ist nichts neues", meint Beate Wagner, Datenschutzbeauftrage der Verbraucherzentrale NRW und rät deshalb: "Man sollte immer hellhörig werden, wenn mehr Daten abgefragt werden, als unbedingt nötig."

JAN HENNING ROGGE

Mindener Tageblatt, Minden, 23. Mai 2009
Original: http://www.mt-online.de/lokales/minden/?em_cnt=2955588&em_loc=239

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