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Elena will's wissen

Arbeitnehmer-Daten im Sammeltopf

Berlin - Elena? Wer an eine Schönheit aus der griechischen Geschichte Mythologie denkt, liegt falsch. Richtig ist: Die Abkürzung «Elena» steht für das Gesetz zum elektronischen Entgeltnachweis.

Es verpflichtet alle Arbeitgeber, seit Anfang 2010 die personenbezogenen Daten ihrer Mitarbeiter zu sammeln und jeden Monat an die Zentrale Speicherstelle (ZSS) der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu schicken. Betroffen sind fast 40 Millionen Bürger. Wegen der Datenflut ist Elena inzwischen ein Fall für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Von 2012 an sollen Ämter die bei der ZSS gespeicherten Daten abrufen, wenn Arbeitnehmer, Beamte oder Soldaten Arbeitslosen-, Eltern- oder Wohngeld beantragen. Die notwendigen Gehaltsbescheinigungen kämen dann direkt aus dem Computer. Das Verfahren soll Bürgern schneller zu ihrem Geld verhelfen und Unternehmen von lästigem Papierkram entlasten. Jährlich 60 Millionen Bescheinigungen soll Elena überflüssig machen, rechnet das federführende Bundeswirtschaftsministerium vor. Es erwartet Einsparungen von etwa 80 Millionen Euro. «Weniger Bürokratie, mehr Effizienz» versprechen die von der DRV betreuten Informationsseiten www.das-elena-verfahren.de. Aktuelle Auskünfte will die DRV nicht geben.

Erfasst werden unter anderem Name, Adresse, Entgelt, Steuerklasse, Sozialbeiträge, Arbeitsverhältnis, Arbeitszeit, aber auch Fehlzeiten, Kündigungen und deren Grund, Betriebsratstätigkeit oder Teilnahme an Streiks, zählt Rena Tanges vom Datenschutz-Verein FoeBud in Bielefeld auf. FoeBud klagt gegen Elena vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der unzähligen, auf Vorrat gesammelten Details. «Was passiert, wenn als Kündigungsgrund 'Arbeitsverweigerung' genannt wird und das Arbeitsamt dem Betreffenden sagt: 'Sie bekommen keine Stelle. Stellen Sie sich auf Hartz IV ein'?»

Arbeitnehmer können die Weitergabe kaum verhindern, weil das Gesetz kein Widerrufsrecht vorsieht. Der Teilnehmer habe «keinen Rechtsanspruch, um die Übermittlung der vorgesehenen Entgeltdaten an die Zentrale Speicherstelle zu verhindern», informiert die DRV-Internetseite. Verweigerer müssen wohl damit rechnen, kein Geld vom Amt zu bekommen. Wer sich wehren will, müsse sich vor Gericht beschweren, ergänzt Alexander Gunkel, Sozialexperte der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin. Unternehmen können der Meldepflicht ebenfalls kaum entkommen: «Es droht ein Bußgeld» - laut Gesetz liegt es bei 25 000 Euro.Welche Angaben bei der ZSS liegen, erfahren Arbeitnehmer 2012. Erst dann können sie auch kontrollieren, ob alles seine Richtigkeit hat. Erforderlich sein wird ein sogenanntes qualifiziertes Signaturzertifikat auf einer Plastikkarte, ähnlich der vertrauten Bankkarte. «Das Zertifikat entspricht der handschriftlichen Unterschrift», erläutert Torsten Wunderlich von der Arbeitsgemeinschaft von Zertifizierungsdiensteanbietern T7 e.V. In Kombination mit einer PIN würde die Karte auf dem Amt als «Sesam-öffne-Dich» funktionieren, mit dem der Bürger den Zugriff auf seinen Elena-Ordner erlaubt.

Bislang ist in der Schwebe, wer die Karte ausgibt, was sie kosten und wer bezahlen wird. Im Prinzip gibt es laut Wunderlich drei Möglichkeiten. «Erstens: Die Bundesagentur für Arbeit gibt aus, weil sie sowieso viele Bescheinigungen braucht. Zweitens: private Anbieter wie Datev, Telekom, Post, Sparkassen.» Dritter, dem Bundesarbeitsministerium zufolge chancenreichster Weg ist der elektronische Personalausweis, der am 1. November 2010 kommt. Die Signatur werden die Bürger mit Ausnahme von Hartz-IV-Beziehern wahrscheinlich aus eigener Tasche zahlen - klare Aussagen fehlen aber bislang. Fest steht derzeit lediglich: ohne Karte keine Daten.

Firmen stöhnen laut BDA-Mann Gunkel unterdessen über Doppelarbeit, weil sie jetzt melden und weiterhin Papierbescheide ausstellen müssen. Damit der Aufwand sich rechnet, möchte der Verband Elena auf weitere Entgeltbescheinigungen ausdehnen. Dann könnten Arbeitnehmer zum Beispiel Unterlagen für Bafög, Kranken- oder Zeugengeld ohne Gang aufs Lohnbüro bekommen. Die Elena-Daten würden reichen, um an die 100 verschiedene Bescheinigungen in digitaler Form zu liefern.

Für Elena müssen auch viele Steuerberater ihre Software ändern. Die Kosten legen sie eventuell auf die Mandaten um, deren Lohn- und Gehaltsbuchhaltung sie abwickeln. Deshalb könnten diesen Firmen demnächst höhere Rechnungen ins Haus flattern. Beispiel Gastronomie: Sie habe wegen der häufigen Personalwechsel einen langen Bogen, der viel Arbeit mache, erläutert Markus Deutsch vom Deutschen Steuerberaterverband in Berlin. Dieser bevorzugt das alte Verfahren. Das heißt: Daten dann liefern, wenn sie wirklich gebraucht werden.

Infos für Arbeitnehmer und Arbeitgeber: www.das-elena-verfahren.de

Fragen und Antworten zu Elena: dpaq.de/elena_faq

Broschüre zu Elena: dpaq.de/elena_broschuere

Münsterländische Volkszeitung, Rheine, 12. Mai 2010
Original: http://www.mv-online.de/aktuelles/wirtschaft/1319394_Elena_wills_wissen_Arbeitnehmer_Daten_im_Sammeltopf.html

© WWW-Administration, 25 May 10