Sind Datenansammlungen vorhanden, ist auch ein mögliches Potenzial gegeben, diese Daten zu missbrauchen". So beschreibt Rena Tangens vom Verein Foebud gegenüber der Frankfurter Rundschau den möglichen Missbrauch von sensiblen Daten.
Datenschützer fordern schon lange, dass endlich Schluss damit sein soll, alles Mögliche abzuspeichern. "So sei etwa das Geburtsdatum völlig überflüssig, werde aber immer wieder abgefragt, weil es für die Werbung interessant sei", so Tangens im Gespräch weiter. Ein anderer sensibler Punkt ist die schon lange diskutierte IP-Adressen-Speicherung. Hier verlangt die Musikindustrie beispielsweise freien Zugriff auf IP-Adressen vereinzelnder User.
Der Verein Foebud ist bekannt für sein Einsatz an der vordersten Front des Datenschutzes. Schon seit Jahren arbeiten die Mitglieder an einer Datenschutzreform und versuchen anhand von vorhandenen Datenschutz-Missständen in Politik und Unternehmen auf die Misere aufmerksam zu machen: Zuletzt ist die Deutsche Telekom negativ aufgefallen und sorgte für einen Medien-Skandal. Sie spionierte Verbindungsdaten von Vorstandsmitgliedern und Journalisten aus.
Aber schon beim kleinen Konsumenten ist ein möglicher Datenschutzmissbrauch zu erkennen. So wird beim täglichen Einkaufen im Netz die Postleitzahl oder das Geburtsdatum erfasst. Diese Daten sind laut Tangens besonders für die Werbung interessant. Wie sich die Bürger davor schützen können: "Einfach keine unnötigen Daten zur Verfügung stellen", so Tangens. Man könnte beispielsweise den Passus in den Verträgen streichen, der eine Weitergabe von Daten an Dritte erlaubt.
Auch die Bundestagsabgeordneten sollten sich laut Tangens endlich mit dem Thema Bürger-Datenschutz beschäftigen. Hier wird für den Datenschutz noch viel zu wenig getan. Tangens spricht gar von einem Desaster, das die Politiker mit der Vorratsdatenspeicherung beschlossen haben. "Die Gesetzesgebung öffnet für einen Missbrauch Tür und Tor", beschreibt Tangens die Möglichkeiten und deutet damit klar mit dem Finger auf die Telekom. Auch warum es soweit gekommen ist, beantwortet Tangens: "Das Rechtsbewusstsein bei den Unternehmen schwindet immer mehr." So sollen diese immer häufiger den einfachen Gedanken hegen: Wenn wir die Daten haben, warum sollte man diese dann nicht auch auswerten? Eine handfeste gesetzliche Grundlage dafür gibt es tatsächlich nicht.
Zwar sind verschiedene Gesetze zum Schutz der Privatsphäre verabschiedet, doch wenn man zurückblickt, wird einen die Realität schnell einholen. Stichwort Bundesnachrichtendienst und der große Lauschangriff. Oder auch die Onlinedurchsuchungen sind Beispiele, die Praktiken beschreiben, die ohne gesetzliche Grundlage durchgeführt wurden.
Tangens beschreibt im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau interessante Lösungswege: So soll natürlich mit einer gezielten Aufklärung das Bewusstsein der Bevölkerung geschärft werden, dass eben Firmen und auch der Staat Gesetze nicht immer einhalten, um an bestimmte Daten zu gelangen - oder um sie einfach zu verkaufen.
Dazu fordert sie im Namen von Foebud einen Neustart des Datenschutzes. "Eine Legalisierung der Datenbanken bedeutet nicht nur eine Radikalkur, vielmehr sollen nach dem Reset alle Daten nur mit ausdrücklicher Genehmigung Betroffener wieder aufgebaut werden" beschreibt und fordert Tangens.
Markus Henkel
netzwelt.de, 27. Mai 2008
Original: http://www.netzwelt.de/news/77810-foebud-datenschutz-braucht-kompletten-neustart.html