Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat die Verhandlungen mit Facebook und Google+ über eine Selbstverpflichtung zu Datenschutz und Transparenz bei der Datenverarbeitung für gescheitert erklärt.
Er begründete dies damit, dass durch die Verweigerungshaltung der beiden führenden sozialen Netzwerke die Chance vertan worden sei, „der Verantwortung für mehr Transparenz bei der Datenverarbeitung und für nutzerfreundlichere Regeln gerecht zu werden“. Nun sollen die Großkonzerne über EU-Regelungen zum Einlenken gezwungen werden.
„Wenn Unternehmen wie Facebook und Google hier kommerziell erfolgreich sein wollen, müssen sie sich an unsere Datenschutzstandards halten“, betonte Friedrich. Im „Spiegel“ wird er mit den Worten zitiert: „Die großen Internetkonzerne mit globaler Marktmacht müssen an die Leine genommen werden.“ Mit den 500 Millionen Verbrauchern im Rücken würden die Facebooks dieser Welt schon auf Europa hören. Datenschützer begrüßten die Entscheidung des Innenministers, beim Datenschutz nicht mehr auf das Konzept der Selbstregulierung der Wirtschaft zu setzen, sondern sich für stärkeren Datenschutz durch gesetzliche Regelung auszusprechen.
In einem offenen Brief kritisiert ein breites Bündnis von Verbänden und Bürgerrechtsorganisationen aber, dass sich deutsche Regierungsvertreter nach ihren Informationen bei der geplanten EU-Datenschutzgrundverordnung für eine Verringerung des Datenschutzes einsetzten. Mehrfach sei auch darüberberichtet worden, dass es in Brüssel zu aggressivem Lobbying seitens der Unternehmen gekommen sei. „Wir fordern einen einfachen und starken Datenschutz in Europa“, heißt es in dem Schreiben der Datenschützer. Unternehmen sollten nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Bürger deren Daten verarbeiten dürfen. „Legitime Interessen“, die die Datenverarbeitung auch ohne Zustimmung erlaubten, müssten klar begrenzt und streng geregelt werden. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands, der Chaos Computer Club, die Digitale Gesellschaft, Digitalcourage (vormals FoeBuD) und die Humanistische Union. Den Entwurf für das neue Datenschutzrecht hatte die EU-Kommission im Jahr 2012 vorgestellt. Durch diese sollen Regeln für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Unternehmen EU-weit vereinheitlicht und die Datenschutzrichtlinie von 1995 ersetzt werden. Seit Mai 2013 laufen die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, -Rat und -Kommission.
Waltraud Messmann
Neue Osnabrücker Zeitung, Osnabrück, 23. Mai 2013
Original: http://www.noz.de/deutschland-und-welt/gut-zu-wissen/72322192/bundesinnenminister-friedrich-will-facebook-amp-co-an-die-leine-nehmen