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Holländisches Pkw-Maut-Modell sorgt für hitzige Debatten

Autofahrer fürchten Abzocke und totale Überwachung

Die geplante Einführung einer kilometergebundenen Maut für Pkw in Holland hat in Deutschland zu einem heftigen Streit über den Datenschutz geführt. Zugleich wurden erneut Stimmen laut, die die Einführung einer Maut auch für Pkw in Deutschland forderten, um ausreichende Investitionen in das Straßennetz gewährleisten zu können.

Der Datenschutzverein FoeBud in Bielefeld warnte die Bundesregierung davor, eine Reform nach holländischem Vorbild auch in Deutschland anzustoßen. Die schwarz-gelbe Koalition solle "nichtmal daran denken", so der Künstler padeluun von FoeBud zu dieser Zeitung. "Ich sehe keinen Grund, eine Überwachungsstruktur und Sammlung mit den sensibelsten Daten aufzubauen."

Auch ADAC-Sprecher Andreas Hölzel sieht die Reform im Nachbarland aus Datenschutzgründen kritisch. "Für uns ist das der Einstieg in den gläsernen Autofahrer. Big Brother lässt grüßen", sagte er. Hölzel sieht eine nicht endende Diskussion um eine Pkw-Maut in Deutschland: "Das wird uns begleiten."

Jährliche Kfz-Steuer soll wegfallen

Auch in Holland wird die Reform kritisch gesehen. In einer Umfrage der Tageszeitung Telegraaf lehnten 62 Prozent der Leser (40.000 beteiligten sich) dieses Steuermodell ab. Sie trauen weder der Zusicherung der Regierung in den Haag, dass 60 Prozent der Autofahrer nach dem Gesetz weniger Kfz-Steuern zahlen müssen als bisher. Auch den Satelliten-Ortungsgeräten, die die gefahrene Distanz der Pkw festhalten misstrauen viele Niederländer. Oppositionspolitiker bezeichneten sie als "Spionagekästen", was die Regierung zurückwies. Nach den Plänen sollen Pkw-Fahrer in den Niederlanden ab 2012 pro gefahrenem Kilometer anfangs rund drei Cent Steuern bezahlen. Die jährliche Kfz-Steuer soll wegfallen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der erst vor wenigen Tagen die Diskussion um die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland angefacht hatte, sagte jetzt, diese stehe "nicht auf der politischen Tagesordnung". Stimmen aus der Union forderten jedoch, die Investitionen in den Ausbau und die Unterhaltung des Straßennetzes kräftig zu erhöhen. Der baden-württembergischen Staatsminister Wolfgang Reinhart (CDU) forderte die Einführung einer Pkw-Maut über eine Vignette. Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) sieht für die neuen Bundesländer einen hohen Investitionsbedarf bei Umgehungsstraßen oder Brücken.

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer riet der Bundesregierung, sie solle sich am fortschrittlichen Modell der Niederländer ein Beispiel nehmen. Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir nannte den holländischen Weg einen "Schritt in die richtige Richtung". Ähnlich äußerte sich der Städte- und Gemeindebund. Der ADAC lehnt eine Pkw-Maut nicht nur aus Datenschutzgründen ab. "Das würde vor allem Berufspendler, sozial Schwache und Bewohner in ländlichen Räumen treffen", so Andreas Hölzel.

So wird kassiert

In Deutschland wird bisher Maut für Lkw auf Autobahnen erhoben. Auf diesem Wege kamen im Vorjahr nach Angaben des Bundesverkehrsministerium 3,46 Milliarden Euro zusammen. Die Mauteinnahmen wurden bislang zu 58 Prozent in den Straßenbau, zu 30 Prozent in die Schiene und zu 12 Prozent in die Wasserwege investiert. Künftig soll das Geld ausschließlich dem Straßenbau zugute kommen, plant Minister Peter Ramsauer.

Pkw und Krafträder müssen in Deutschland laut ADAC nur im Herrentunnel in Lübeck und im Warnowtunnel in Rostock eine Maut entrichten.

Viele europäische Staaten erheben bereits eine Pkw-Maut die von der gefahrenen Entfernung auf Autobahnen abhängig ist. Jahresvignetten brauchen Autofahrer in der Schweiz, Österreich, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, der Slowakei, Tschechien, Montenegro und Slowenien.

MATTHIAS BUNGEROTH

Neue Westfälische, Bielefeld, 17. November 2009
Original: http://www.nw-news.de/owl/3243137_Hollaendisches_Pkw-Maut-Modell_sorgt_fuer_hitzige_Debatten.html

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