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Software fürs neue Jahr: Tor

Noch ein paar Stunden, dann tritt die Vorratsdatenspeicherung in Kraft. Ab dem 1. Januar werden umfangreiche Daten über die Kommunikation aller deutschen Bürger per Festnetztelefon, Handy und Internet sechs Monate lang auf Vorrat gespeichert.

Sich dagegen zu wehren ist gar nicht so einfach.

Bei der Anmeldung seines Festnetztelefons zu tricksen setzt schon eine gewisse kriminelle Energie voraus. Beim Kauf eines Prepaid-Handys könnte man zwar SIM-Karte und Handy mit anderen Personen tauschen, um so die Spuren zu verwischen, allerdings erfordert auch das eine gewisse Organisation. Es gibt zwar anonyme E-Mail-Konten, aber wenn man öffentlich seine E-Mail-Adresse und seinen Namen angibt - und das muss man, wenn man möchte, dass andere wissen, unter welcher E-Mail-Adresse man zu erreichen ist - dann war’s das mit der Anonymität.

Doch Vorratsdatenspeicherung, da war doch noch was.

Richtig, alle Websites, die man aufruft, werden mitsamt der IP-Adresse des Computers, die eine eindeutige Identifizierung ermöglicht, gespeichert. Das ist der einzige Bereich, in dem es eine wirkungsvolle und zugleich nicht allzu aufwendige Möglichkeit gibt der Überwachung zu entgehen. Das zurzeit beste System nennt sich TOR, das steht für “The Onion Router”. Die Funktionsweise erinnert tatsächlich an eine Zwiebel.

Tor ist ein Programm, das einmal auf dem Rechner installiert die Verbindung zum Internet übernimmt, wenn der Browser (oder andere Programme) so konfiguriert ist, dass er sich nicht direkt mit dem Internet verbindet, sondern über Tor geht. Tor leitet dann eine Anfrage des Browsers über mehrere Torknoten, bevor sie das Tor-Netzwerk verlässt und sich tatsächlich mit dem Internet verbindet. Dieser Weg durch die Torknoten ist völlig zufällig und nicht zurückverfolgbar, da keiner der Server den gesamten Weg kennt und alle Verbindungen zwischen den Torknoten und dem Computer verschlüsselt sind. Die Antwort auf die Anfrage kommt über einen anderen Weg im Tor-Netzwerk zurück, auf die selbe Weise verschlüsselt.

“Torknoten, Verschlüsselung? Wozu das alles?”, fragen Sie verdutzt. Im Endeffekt braucht man als Tor-Nutzer nur zu wissen, dass letztendlich beim Server nicht Ihre IP-Adresse ankommt, sondern die des letzten Torknotens. Das heißt, der Aufruf der Website ist Ihnen nicht mehr zuzuordnen. Das bedeutet Sie können surfen, ohne dass jede aufgerufene Website mitprotokolliert wird.

Der einzige Nachteil beim surfen mit Tor ist, dass die Internetverbindung langsamer ist. Klar, die Informationen legen ja einen weiteren Weg zurück. Das muss man abwägen: Privatsphäre gegen Schnelligkeit.

Thibaud Roth

edition Readers Edition, Berlin, 30. Dezember 2007
Original: http://www.readers-edition.de/2007/12/30/software-fuers-neue-jahr-tor/

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