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Was der Arbeitgeber wissen darf

Innenminister Thomas de Maizière legt ein Gesetz zum Datenschutz bei Arbeitnehmern vor.

Der Discounter Lidl ließ seine Mitarbeiter mittels Videokameras und von Detektiven überwachen, der Mitteldeutsche Rundfunk verlangte von möglichen künftigen Arbeitnehmern Blutproben, die Deutsche Bahn unterwarf die persönlichen Daten von mehr als 170000 Mitarbeitern einer Art Rasterfahndung.

Dies sind nur drei Beispiele aus einer ganzen Reihe von Datenschutzskandalen der vergangenen Jahre. Datenschützer verlangten ein Gesetz, um Arbeitnehmer vor solchen weit verbreiteten Überwachungspraktiken zu schützen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte nun gestern Eckpunkte für eine geplante Erweiterung des Bundesdatenschutzgesetzes vor. „Die Schutzrechte der Arbeitnehmer werden erhöht“, sagte de Maizière, „ohne die Interessen der Betriebe unangemessen einzuschränken.“ Es dürfe keine „wilde Überwachung“ von Mitarbeitern durch die Arbeitgeber geben. Bei Verstößen drohen Arbeitgebern Bußgelder bis zu 300.000 Euro und Schadenersatzforderungen der betroffenen Mitarbeiter.

Die SZ stellt die Regelungen vor, über die das Kabinett vor der Sommerpause entscheiden soll.

Videoüberwachung von Mitarbeitern am Arbeitsplatz

Eine vorbeugende, heimliche Videoüberwachung der Mitarbeiter soll durch einen eigenen Paragrafen im Datenschutzgesetz verboten werden. Grundsätzlich soll es auch unzulässig sein, beispielsweise Umkleideräume oder Toiletten von Betrieben zu überwachen. Eine heimliche Beobachtung – technisch oder durch Detektive – darf es laut de Maizière nur geben, wenn gegen einen Mitarbeiter ein konkreter Verdacht auf Diebstahl oder Unterschlagung besteht. Die Videoüberwachung von Verkaufsräumen zum Schutz gegen Ladendiebstahl mit Wissen der Mitarbeiter und der Kunden bleibt erlaubt. Gleiches gelte beispielsweise auch für eine Verteilstelle von Wertbriefen, teilt das Ministerium mit.

Verwendung von Ortungssystemen

Dass Arbeiter auf Ölplattformen oder Skilehrer in Lawinengebieten von ihren Arbeitgebern mit Ortungsgeräten ausgestattet werden, gilt als sinnvoll und bleibt erlaubt, damit Retter im Unglücksfall schnell helfen können. Gleiches gilt für Lkw (und ihre Fahrer), bei denen Transportunternehmen ein berechtigtes Interesse haben, jederzeit den Standort bestimmen zu können. Es soll aber unzulässig sein, dass der Außendienstmitarbeiter im Dienstwagen ständig geortet werden kann. De Maizière sagte, es könne nicht darum gehen, dass Arbeitgeber ihre grundsätzliche Neugier befriedigen.

Kontrolle von Telefon-, E-Mail- und Internetkontakten

Ein Arbeitgeber darf Telefongespräche nicht abhören. Er darf auch E-Mails nicht einfach mitlesen. Er soll aber berechtigt sein, Telefon-, E-Mail- oder Internetverbindungen von Mitarbeitern zu kontrollieren, um ordentlich abrechnen zu können oder – wie im Fall der Deutschen Bahn – nach Verbindungen zu suchen, die auf Bestechung schließen lassen. Hier geht es um Kontakte zwischen Mitarbeitern und anderen Firmen beim Verdacht von Schmiergeldzahlungen. Allerdings soll auch hier keine flächendeckende Überwachung möglich sein. Eine Kontrolle muss sich auf das „erforderliche Maß“ beschränken (zur Abrechnung) oder auf Verdachtsfälle (bei möglicher Korruption). Wenn es eine Betriebsvereinbarung gibt, die beispielsweise die private Nutzung des Internets verbietet, soll der Arbeitgeber auch Stichproben machen dürfen, ob die Regelung eingehalten wird.

Verbotene Fragen, unzulässige Untersuchungen

„Bei einem Bewerbungsgespräch sind nicht alle Fragen zugelassen, die möglicherweise irgendwann mal eine Rolle spielen könnten“, sagte de Maizière. Eine neue Buchhalterin dürfe zwar gefragt werden, ob sei wegen Unterschlagung vorbestraft ist. Ob sie wegen Körperverletzung verurteilt wurde, hingegen nicht. Und ein Krankenhaus darf zwar seine Krankenschwestern einem Aids-Test unterziehen, um mögliche Infektionen zu vermeiden. Standard-Blutproben bei Sekretärinnen sollen aber verboten sein. Derartige Untersuchungen dürfen aber grundsätzlich nicht gegen den Willen der Betroffenen vorgenommen werden. Und eine genaue ärztliche Diagnose darf dem Arbeitgeber von den untersuchenden Ärzten nicht übermittelt werden. Sie dürfen nur erklären, ob ein Bewerber für ein bestimmte Tätigkeit gesundheitlich geeignet ist oder nicht.

Sven Siebert

Sächsische Zeitung, Dresden, 01. April 2010
Original: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2427877

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