Der Widerstand gegen die geplante Neufassung des Meldegesetzes formiert sich. Neben Politikern und Datenschützern fordern auch 100.000 Unterzeichner einer Online-Initiative einen Stopp des Vorhabens.
Es hat ein wenig Anlaufzeit gebraucht,aber knapp zwei Wochen nach seiner klammheimlichen Verabschiedung im Bundestag ist das Meldegesetz in aller Munde. Heftige Kritik wird vor allem daran geübt, dass Bürger letztlich keine Handhabe gegen den Verkauf ihrer Adressdaten durch Meldeämter an private Interessenten wie Reklamefirmen oder Inkasso-Unternehmen haben. Um das Gesetz in seiner derzeitigen Form zu verhindern, wurde von im Foebud e.V. und Campact organisierten Datenschützern und Bürgerrechtlern eine Online-Initiative gestartet, "denn es widerspricht dem Grundgesetz, das uns das Recht zusichert, selbst zu entscheiden, was mit den eigenen Daten geschieht".
Bis September, dem voraussichtlichen Entscheidungstermin im Bundesrat, wollten die Initiatoren 100.000 Unterschriften sammeln und sie den Ministerpräsidenten überreichen. Das Interesse war offensichtlich sofort gewaltig, bereits einen Tag nachdem die Initiative online online gestellt wurde, ist die angezielte Marke geknackt. So viele Zeichner fordern die Ministerpräsidenten auf, dafür zu sorgen, "dass Meldeämter Daten nicht an Werbetreibende, Adresshändler und Auskunfteien weitergeben dürfen, es sei denn die betreffende Person hat dem ausdrücklich zugestimmt!". Tatsächlich reichen Meldeämter bereits jetzt Daten an private Unternehmen weiter - es sei denn, die Bürger haben dem bei der Anmeldung widersprochen.
Die neue, weitergehende Gesetzesfassung kommt vor allem Adresshändlern zugute. Die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ) jedoch gehört entgegen anderslautender Vermutungen nach eigenen Angaben nicht zu den Interessengruppen, die sich für den deutlich lockereren Entwurf stark gemacht haben. Der Grund ist einfach: Die GEZ braucht gar keine Gesetzesänderung, schon jetzt erhält sie von den Meldeämtern alle benötigten Daten. Gegenüber "Golem" erklärte eine GEZ-Sprecherin: "Wir sind jetzt schon gesetzlich berechtigt, Änderungsdaten von den Einwohnermeldeämtern zu bekommen. Zu bestimmten Stichtagen erhalten wir die Daten der Einwohnermeldeämter. Das sind dann die aktuellsten Daten."
Richard Meusers
Spiegel Online, Hamburg, 10. Juli 2012
Original: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/datenschutz-petition-100-000-unterschriften-gegen-meldegesetz-a-843507.html