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Massenklage gegen Elena

22 000 Bürger wollen in Karlsruhe die Sammlung von Arbeitnehmerdaten stoppen

Mit einer Massenverfassungsbeschwerde wollen Bürgerrechtler den "Elektronischen Entgeltnachweis" (Elena) zu Fall bringen. Am Mittwoch reichten die Berliner Anwälte Meinhard Starostik und Dominik Boecker - pünktlich zum Ablauf der Klagefrist - 22 000 Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht gegen das vor einem Jahr in Kraft getretene Gesetz ein. Gesammelt wurden die Beschwerden vom "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs", kurz FoeBuD - innerhalb von nur zwei Wochen, wie die Initiatoren mitteilten. Für die Kläger sei das Verfahren kostenlos, es werde durch Spenden finanziert. Dabei konnte FoeBud aus der Organisation der Massenklage gegen die Vorratsdatenspeicherung profitieren - der mit 35 000 Klägern umfangreichsten Verfassungsbeschwerde in der Geschichte.

Auch juristisch wollen die Kläger aus dem Anfang März verkündeten Urteil zur Speicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten Nutzen ziehen - Karlsruhe hat darin hohe Hürden für die Errichtung riesiger Datenpools mit sensiblen Informationen errichtet. Die FoeBuD-Aktivistin Rena Tangens hält den Elena-Datenspeicher trotz Verschlüsselung für missbrauchsanfällig, weil darin Informationen über 35 bis 40 Millionen Arbeitnehmern gespeichert würden: "Dafür werden sich Kriminelle und ausländische Geheimdienste interessieren."

In ihrer Beschwerdeschrift monieren die Anwälte unter anderem einen Verstoß gegen die Religionsfreiheit, weil auch Angaben zur Kirchensteuer gespeichert werden. Ihr zentraler Angriffspunkt ist allerdings die Verletzung des Grundrechts auf "informationelle Selbstbestimmung": Es werde eine "fast unüberschaubare Vielzahl von Datensätzen der Betroffenen mit sensiblen und höchstpersönlichen Daten übermittelt". Anwalt Boecker hält Elena datenschutzrechtlich sogar für noch heikler als die Vorratsdatenspeicherung.

Kritik an Elena kommt auch aus der FDP. Die innenpolitische Fraktionssprecherin Gisela Piltz hält eine "Mega-Vorratsdatenbank" wie Elena nicht für erforderlich. Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) äußerte verfassungsrechtliche Zweifel.

Das weitere Schicksal der Verfassungsbeschwerde ist ungewiss. Karlsruhe knüpft bereits die Zulässigkeit einer Beschwerde an strenge Anforderungen: Es muss im Detail begründet werden, worin genau die Verletzung eines Grundrechts bestehen soll. Die Elena-Klageschrift umfasst nur 31 Seiten, davon widmen sich weniger als fünf dem Kernproblem des Datenschutzes; zentrale Punkte wie Datensicherheit oder die Frage, was genau sich aus den Daten ablesen lässt, werden nur stichwortartig behandelt.

Wolfgang Janisch

sueddeutsche.de, München, 01. April 2010
Original: http://nachrichten.rp-online.de/article/politik/Sammel-Klage-gegen-Entgelt-Nachweis-Elena/72850

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