Am Freitag wird die große Koalition beschließen, dass alle Telefon- und Mailverbindungen der Deutschen für ein halbes Jahr auf Vorrat gespeichert werden. Der Bundestag hat zwar ein dazu angefordertes Gutachten immer noch nicht, aber das scheint den Fraktionschefs und der Mehrheit der Abgeordneten egal zu sein. Hauptsache, ein neues Sicherheitsgesetz wird durchgewunken. Dieses Vorgehen war auch schon auf europäischer Ebene erfolgreich, dort war die Vorratsdatenspeicherung im vergangenen Jahr das schnellste Gesetz der EU-Geschichte.
So schnell, so schlecht: Die Vorratsdatenspeicherung unterhöhlt die Grundrechte sowie die Arbeit aller Berufe, die auf Vertraulichkeit angewiesen sind - vom Arzt bis zum Journalisten. Und es ist nur ein weiteres Gesetz in einem ganzen Paket, das den Bürger nun einwebt oder einweben soll: Verbindungen speichern, Telefone abhören, Festplatten ausspionieren, Daten mit Geheimdiensten und anderen Ländern tauschen. Jahr für Jahr werden die Methoden erweitert und deren Anwendung verbreitert. Deshalb ist es gut, dass die interessierte Öffentlichkeit aufgewacht ist und sich die Zahl der Protestierenden erhöht. Das aktuelle Gesetz ist damit nicht mehr aufzuhalten, aber der politische Preis für die Sicherheitsfanatiker muss hochgetrieben werden. Denn Wahlen entscheiden in Deutschland ein paar hunderttausend Wechselwähler, auf Länderebene noch weniger. Den Speicherfans in Union und SPD muss klar werden, dass sie hier ein Sachthema anpacken, das sie Wählerstimmen kosten wird.
Reiner Metzger
taz NRW, 08. November 2007
Original: http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/gesetz-kommt-protest-lohnt-trotzdem/?src=MT&cHash=5628380015