Ob Supermarktetiketten oder Reisepässe: mit RFID werden inzwischen nicht nur Kühe markiert. Dabei ist die Technik längst über den rein passiven Chip, der nur von der eingestreuten Funkenergie lebt, hinaus: Fortgeschrittene Funktransponder sind mit eigener Batterie oder gar wiederaufladbaren Akkus ausgerüstet.
Bei Fußball und RFID denkt man zunächst einmal an die mit Identifikationschips versehenen Tickets zur Fußball-Weltmeisterschaft. Doch nicht nur die Tickets sind "verwanzt", der Ball ist es auch: Um zweifelsfrei festzustellen, ob das Runde nun wirklich im Eckigen gelandet oder doch nur über die Seitenlinie gerollt ist, sollen die Fußbälle eigene Transponder enthalten – und ebenso die Spieler.
So können die Begegnungen der Fußball-Weltmeisterschaft später bis zum nun unstrittigen Foul in der 89. Minute als Computersimulation nachgespielt werden. Und es ist zukünftig ausgeschlossen, dass ein versehentlich ins Publikum gekickter Fußball als Andenken von den Fans einfach mit nach Hause genommen werden kann und auch die Frage, auf welchem Örtchen der Auswechselspieler abgeblieben ist, lässt sich so schnell klären. Dafür allerdings werden die beliebten Diskussionen und Schimpfkanonaden auf die Schiedsrichter entfallen müssen. Hoffentlich nimmt dies nicht all den selbsternannten Fußballexperten den Spaß am Spiel.
In einem Fußball ließe sich zugegeben sogar ein kompletter Piratensender verstecken; einziges technisches Problem ist die Erschütterungsfestigkeit. Kniffliger ist es schon bei Golfbällen, doch auch diese hat das Fraunhofer-Institut mittlerweile erfolgreich mit integrierten Sensoren und daran angeschlossenen Sendern ausgerüstet, die im ISM- und WLAN-Band bei 2,4 GHz immerhin fünf Meter überbrücken können. Sie wurden erstmals auf der Internationalen Funkausstellung 2005 in Berlin vorgestellt und dienen nicht etwa dazu, in die Botanik gespielte Golfbälle wiederzufinden, sondern Kraft und Geschwindigkeit des Aufschlags zu messen. So kann sich kein Golfer mehr auf starken Gegenwind herausreden, wenn das weiße Corpus delicti wieder einmal in einer Kaffeetasse eines Golfplatz-Anrainers gelandet ist.
Die dazu notwendigen Lithium-Ionen-Akkus, die Bullith Batteries ursprünglich für den Medizinmarkt entwickelt hatte und nun in Sportgeräten verbaut, sollen auf Dauer unter zwei Euro kosten, wie die Fachzeitung Markt & Technik berichtet. Zusätzlich sollen diese auch im Gegensatz zu den heute handelsüblichen Akkuzellen tiefentladungsfest sein; sollte es drei Wochen regnen und der Golfball folglich im Schrank liegen bleiben, kann dies also nicht den Akku beschädigen.
Dabei wandelt sich auch der Begriff RFID: auch die Autoschlüssel, die sich per Funk zusätzlich identifizieren und ferngesteuert die Türen öffnen können, zählen mittlerweile hierzu, wie auch drahtlose Reifendrucksensoren, die am Armaturenbrett eine Warnung aufleuchten lassen, wenn nicht genügend Luft im Reifen ist, ohne dass hierzu eine – naturgemäß schwierig realisierbare – Drahtverbindung vom Reifen zum Elektronik erforderlich würde. Die "Schnüffelchips" werden dabei im Handel gar nicht so sehr zum Abrechnen des Einkaufs an der Kasse verwendet, für den sie bislang ohnehin eigentlich noch zu teuer sind – sie müssten weniger als einen Cent kosten, um generell eingeführt werden zu können –, als zur Optimierung der internen Lagerhaltung und der Identifikation von angelieferten Paletten mit Ware.
Ebenso verbreiten sich die Chips in Skipässen und für den Zugang zu Parkgaragen oder Hotelzimmern. Patienten sollen im Krankenhaus oder auch bei Spaziergängen ebenfalls vollautomatisch überwacht werden, wobei die Tassen, Zahnbürsten, Medikamentenschachteln, Stühle oder auch die Klobrille funken, ob und wann sie benutzt werden.
Billiger soll die Elektronik dadurch werden, dass Polymere auf Papier oder Folie gedruckt Antenne, Chip und auch Batterie ergeben. Das Ergebnis ist zwar nicht so leistungsfähig wie die heute bekannten Bauelemente, aber deutlich billiger. Doch was die Folgen sind, wenn irgendwann die Einkäufe miteinander und mit den Haushaltsgeräten reden können, bleibt offen.
Wolf-Dieter Roth
telepolis, Hannover, 27. März 2006
Original: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22306/1.html