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Seit heute ist es verboten, ein Verbot zu übertreten

Die Bundesregierung einigt sich auf neue Regeln zum Arbeitnehmerdatenschutz. Und zeigt einmal mehr, dass sie die Gesetze Deutschlands nicht kennt

Es hört sich so erfreulich an, wenn die Bundesregierung sich auf neue Regeln zum Arbeitnehmerdatenschutz einigt. Und fast ist man versucht, in die allgemeinen Lobgesänge einzustimmen, wenn da nicht dieses Gefühl wäre, dass man gerade bei "Versteckte Kamera" gelandet ist.

Nur so ist es zu erklären, dass allseits aufgeatmet wird, weil die Videoüberwachung von Intimbereichen wie Schlafräumen, Toiletten oder Waschräumen nun verboten sein soll. Bei so viel Erleichterung wartet man tatsächlich auf den kleinen Springteufel, der aus der Arbeitsnehmerdatenschutzschachtel heraushüpft und "Reingefallen!" ruft.

Auch wenn einige Arbeit"geber" der Meinung waren (und wahrscheinlich noch sind), dass sie einfach überall Kameras installieren können, so sie nur irgendeinen vagen Grund dafür finden, ist dem noch nie so gewesen. Die Intimbereiche der Arbeitsstätte waren schon immer tabu, was man z.B. auch seit langem in der "Blauen Reihe" des Datenschutzzentrums nachlesen konnte. Der hübsche Aufkleber des FoeBuD mit der Aufschrift: "Aus hygienischen Gründen wird diese Toilette videoüberwacht" war eine Satire, was sich aber anscheinend nicht bis zum Innenministerium herumgesprochen hat.

Es ist schon deprimierend und erschreckend zugleich, welche Ausmaße die Dreistigkeit der Politiker angenommen hat, die uns in regelmäßigen Abständen Selbstverständlichkeiten oder längst geregelte Dinge als Novum verkaufen wollen. Da wird nach Protesten gegen eine Datensammlung vollmundig versprochen, dass man nunmehr die Daten auf Notwendigkeit untersuchen werde, da wird verkündet, es dürften nun keine Toiletten mehr videoüberwacht werden und die Medien klatschen begeistert Beifall. Was kommt wohl als Nächstes? Hurrah, Deutschland schafft auf Bundesebene die Todesstrafe ab?

Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich es mit solch geballter Inkompetenz zu tun habe (auch wenn diverse Telefonate mit Politikern oder Strafverfolgern mich eigentlich eines Besseren belehren sollten - ich erinnere mich noch gut an den "sich auf jedem Betriebssystem ohne Zutun des Nutzers installierenden Virus, der Daten überträgt"). Ich bin eher versucht zu glauben, dass man es hier schlichtweg mit Menschen zu tun hat, die den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als darüber zu lachen, wie erfolgreich sie Leute in die Irre führen können.

Bettina Winsemann

telepolis, Hannover, 23. August 2010
Original: http://www.heise.de/tp/blogs/5/148252

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