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Meine Daten gehören mir!

PrivacyDongles, Firewalls und Tarnkappenfunktionen: Was Verbraucher tun können, um sich gegen das massenhafte Sammeln von Daten im Internet zu wehren.

Berlin - Am 6. März dieses Jahres gab die Firma Credentica stolz bekannt, dass sich Microsoft in das Unternehmen eingekauft hat. Credentica entwickelt Identifizierungssysteme für das Internet. IBM wiederum ist offenbar mit dem belgischen Staat im Gespräch, um Anwendungen für die gerade entwickelten Identifizierungssysteme zu finden. Während in Deutschland darüber diskutiert wird, wie man das teils illegale, freie Flottieren von Millionen von Verbraucherdaten eindämmen und regulieren kann, ist ein ganzer Zweig von Software-Entwicklern dabei, sichere Identifizierungssystemen für das Netz zu erproben.

Noch ist das Zukunftsmusik. In zehn Jahren vielleicht, so die Einschätzung Marit Hansens vom Datenschutzzentrum Schleswig-Holstein, könnten Verfahren alltäglich sein, die mit „Wegwerf-Identitäten“ arbeiten. Das wären verschlüsselte, nur einmal zu nutzende Identifikationen, die aber bei zertifizierten Unternehmen mit den persönlichen Daten abgesichert sind.

Auch wenn die Methode nur bei Netzaktivitäten greift – in zehn Jahren wird möglicherweise nicht mehr viel jenseits des Netzes erledigt. Allerdings gäbe es auch in der nicht digitalen Welt bereits Möglichkeiten der Einmal-Identifizierung. Hansen etwa schlägt den Weg des Einmal-Kontos vor. Geldinstitute, so Hansen, könnten ihren Kunden eine Art Abbuchungskonto zur Verfügung stellen, das nur einmal genutzt werden kann – mit dem eigentlichen Konto nur im Hintergrund. Schon mit dieser einfachen Methode wären betrügerische Abbuchungen wie im schleswig-holsteinischen Callcenter-Skandal nicht mehr möglich.

Tatsächlich aber bietet sich den Verbrauchern dieser Weg heute nicht. Und „wenn Adress- oder Kontodaten erst mal in der Welt sind“, konstatiert Hansen, „dann kann man sie nicht mehr zurückholen“.

Ganz so aussichtslos ist die Lage zwar nicht. Denn – erst recht, wenn Gesetz wird, was die Teilnehmer des Datenschutz-Gipfels am Donnerstag beschlossen haben – können Verbraucher den Weg ihrer Daten von einem Werbebrief zur Datenquelle zurückverfolgen. Aber das mache mehr Mühe, so Hansen, „als man einem Einzelnen eigentlich zumuten kann“. Auch wenn die Datenschutzbeauftragten mit Rat und vorgefertigten Anfrageformularen helfen. Im Internet ist es erst Recht quasi aussichtslos, so Hansens Einschätzung, einmal lancierte Daten wieder einfangen zu wollen.

Die Datenschützerin Rena Tangens vom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (Foebud) forderte die Bürger im ARD-Morgenmagazin deshalb zu mehr Sparsamkeit im Umgang mit den Daten auf. In vielen Fällen habe man zwar keine Wahl, Daten von sich preiszugeben, doch sollte man zumindest darauf achten, sich auf die Pflichtangaben zu beschränken.

Zudem setzt sich der Verein dafür ein, die Datensammelwut von Behörden und Unternehmen einzudämmen. Ein Mittel dazu ist der PrivacyDongle, mit dem der Verein der Vorratsdatenspeicherung entgegenwirken will. Beim PrivacyDongle handelt es sich um einen gewöhnlichen USB-Speicherstick, den man in jeden Computer stecken kann, daheim oder unterwegs im Internetcafé. Auf dem Stick befindet sich das Programm Torpark mit dem bekannten freien Internetbrowser Firefox. Dieser wurde so verändert, dass er seine Informationen nicht direkt von der aufgerufenen Internetseite abruft, sondern über das mehrere hundert Rechner umfassende Tor-Netzwerk. Eine Rückverfolgung des eigenen Rechners ist so nicht mehr möglich. Wer dann allerdings seinen Namen eingibt, verliert den Schutz des Tor-Netzes sofort wieder.

Man kann sich aber auch ohne USB-Stick und Anonymisierungsdienst schützen – was mit einem Verzicht auf Bequemlichkeit einhergeht. Der wichtigste Schutz besteht darin, dass man seinen Computer durch Updates, Virenscanner und Firewall sowie eine verschlüsselte Verbindung zum Funkinternet vor Angriffen und Ausspähversuchen schützt. Moderne Internetprogramme wie vor allem Firefox, aber auch die neue Version des Internet Explorers sowie die Beta-Version des Google-Programms Chrome bieten Tarnkappenfunktionen. Im Inkognitomodus von Chrome werden keinerlei Informationen auf der Festplatte abgespeichert. Auch Firefox und Internet Explorer können so eingestellt werden, dass am Ende der Sitzung alle temporären Daten gelöscht werden. Dazu gehören auch die kleinen Hilfsdateien, mit denen Internetdienstleister wie Amazon erkennen, welcher Kunde gerade vorbeischaut und wofür er sich beim letzten Besuch interessiert hat.

Tagesspiegel, 05. September 2008
Original: http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/Datensicherheit;art122,2607831

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