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Otto Schily: Big Brother im Aufsichtsrat

Gerade wurden den üblichen Verdächtigen die jährlichen Big-Brother-Preise verabreicht. Der frühere verdiente Preisträger sowie Bundesinnenminister Otto Schily verdient sich inzwischen ein prekäres Zubrot.

Für die frechste Überwachungstechnik wurde die Philips GmbH ausgzeichnet, da ihre CD-Brenner eine identifizierbare Seriennummer auf die Rohlinge schreiben - was der unmündige Käufer gar nicht erst erfährt. Der Landtag von Meck-Pomm durfte sich über einen politischen Preis freuen für die "verdachtsunabhängige Tonaufzeichnung in der Öffentlichkeit" - die stecken wohl noch ganz tief in ihrer Horch&Greif-Vergangenheit. Die Kultusministerkonferenz der Länder wollte gerne lebenslange Schüler-IDs einführen und bekommt für diesen amtlichen Ausfall den BigBrotherAward in der Kategorie Behörden und Verwaltung. Für ausgehebelten Verbraucherschutz bekam die Versicherungswirtschaft ihren Preis ab: Ihre Warn- und Hinweisdateien nehmen ohne klare rechtliche Grundlage so ziemlich alles auf, selbst die Aussagen von Unfallzeugen. Wer drin ist, bekommt eventuell höhere Prämien oder gar keine Versicherung mehr. Zwei Vertreter deutscher Banken im Aufsichtsrat der SWIFT mussten sich den Negativpreis für die Wirtschaft teilen. Diese für internationale Überweisungen zuständige Organisation hatte heimlich selbst innereuropäische Überweisungen über Jahre hinweg an amerikanische Behörden und Geheimdienste geliefert. "Es gibt für die Banken, die Politik und den Datenschutz in Europa überhaupt keinen Anlass, sich von amerikanischer Seite erpressen zu lassen", sagte dazu Thilo Weichert, der offizielle Datenschützer in Schleswig-Holstein. Die Big Brother Awards Deutschland 2006 wurden aus rund 350 Vorschlägen ausgewählt vom FoeBuD, dem "Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e. V."

Mit Aktionen gegen den Datenschutz machte auch Otto Schily wieder von sich reden, der letztes Jahr den verdienten Big Brother Award für sein Lebenswerk bekam: "Er hat mit einer Fülle beeindruckender Projekte das deutsche und europäische Überwachungssystem ausgebaut - auf Kosten der Bürgerrechte", so damals FoeBuD-Mitbegründerin Rena Tangens. Jetzt macht er es nicht mehr amtlich, sondern für Geld. Otto sitzt gegen gute Bezahlung in den Aufsichtsräten der Biometrie-Firmen byometric systems AG und Safe ID Solutions AG. An der letztgenannten Firma hat er auch "eine ganz kleine Beteiligung", deren Höhe er natürlich lieber nicht nennen will - da sind doch schließlich Privatsphäre und Datenschutz vor. Und woher kommen die Aufträge dieser Firmen? Ja, sie kommen auch aus Ottos früherem Ministerium. Und sie kamen schon, als Otto dort noch den starken Innenminister gab. In einer etwas versteckt veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage kam nun heraus, dass Otto Schily an der Auftragsvergabe nicht ganz unbeteiligt war: "Mit der Firma byometric systems AG - wie auch mit anderen Biometriefirmen - haben allgemeine Gespräche zur grundsätzlichen Eignung zu den Anwendungsmöglichkeiten biometrischer Verfahren stattgefunden. An diesen Gesprächen hat z. T. auch der damalige Bundesminister Schily teilgenommen." Auf die Frage, ob sich Ottos Aufsichtsrats-Connections auf die Beziehungen der Bundesregierung zu diesen Firmen auswirken, winkte die Bundesregierung ungewöhnlich entschieden ab: "Nein."

Bernd Kling

- fachbereich 9 ver.di - Fachbereich 9, Berlin, 21. Oktober 2006
Original: http://de.theinquirer.net/2006/10/21/otto_schily_big_brother_im_auf.html

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